Seite - 318 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
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können, wie man aus Milchabguß Wachs mache. In der Gegend von Rovereto, wo das
Volk sonst nichts mehr davon weiß, bezeichnet man mit dem Worte salvanel den Wider-
schein eines Spiegels, sowie auch die Krankheit eines Baumes, der infolge von Saft-
abfluß umsteht. In Rendena zählt der Salvanel noch unter die Tenselsgestalten.
Mit dem Gottseibeiuns will sonst das Volk, außer gelegentlich in Märchen und in
den noch nicht ganz vergessenen Sagen von Hexen (strie, ?ubiane) und Hexenmeistern
(stiioni), nicht viel zu schaffen haben. In Rendena gibt es aber noch eine Reihe besonderer
typischer Gestalten, nuter denen der Fürst der Hölle erscheint. Zu einem Schmiede bei
Pinzolo kam er einmal in der Nacht als Reiter und ließ sein Pferd beschlagen. Als der
Schmied stark zuschlug, rief ihm der Teufel zu: „Sachte, Gevatter!" und sprengte dann
mit stiebenden Funken und sprühenden Flammen davon, daß dem Schmied vor Schrecken
Sehen und Hören verging. In das wilde Val Genova soll einst das Concil von Trient
die bösen Geister und die Hexen gebannt haben und dort müssen sie seitdem Hausen nach
dem Glauben des Volkes, der heute freilich im Erlöschen begriffen ist. Herr Bolognini
in Pinzolo hat davon im Jahrbuch der Trideutiuer Alpinisten von 1875 eine von Witz
und Laune sprühende Beschreibung gegeben. Will sich der geneigte Leser, wohl gesegnet,
die saubere Gesellschaft nicht ein wenig näher vorführen lassen?
Da ragt hinter einer Felsenpforte, welche den eigentlichen Eingang in das genannte
Thal bildet, eine wunderliche Felsenbildung auf. Gewöhnliche Leute meinen, es sei eben
ein Felsen; wer aber mit den Augen des Volkes näher zusieht, merkt die Täuschung bald.
Es ist der böse Geist 6a Fall (Hahnenfuß); er pflegt sich als schmucker Junker
zu zeigen, kann aber dabei seinen Hahnenfuß eben so wenig verbergen, als der Teufel bei
den Deutschen seinen Pferdefuß. Da ist ein anderer Felsen, es ist 8ckena cka mul (Maul-
eselrücken). Er pflegt dienstfertig müde Wanderer zu tragen, wenn sie unvorsichtig lant
den Wunsch äußern, doch schon da oder dort zu sein. Ein armer Grasmäher (seZanlino)
wäre einmal auch schon gern in seinem noch weit entlegenen Heim gewesen; flugs war
8ekena 6a mu> da, hob ihu auf, führte ihn sausend durch die Luft und setzte ihn bei
seinem Hause aus dem Gipfel eines Nußbaums ab, ohne einen Lohn dafür zu beanspruchen.
Es folgen andere Felsen und Geister, der Lalcarot (Drücker), ganz der römische Jncnbns
oder der Alp der Deutschen, der hinterlistige Loa äs caval (Pferdeschweif), der Uanarot
(Beil), der Versucher zu Waldfrevel, weiter beim schönsten aller Wasserfälle, dem des
<li Aaräisio, der oberste aller bösen Geister und ihr stolzer Beherrscher, der
nnbeschwörbare Belaial mit seinem schnellfüßigen Diener, dem Pontirol. Ferner der spitz-
bübische Lslöetta rossa (Rothstrumpf), der Palpalpegastro, so häßlich, daß Belaial eine
Hexe zwingen mußte, sich mit ihm zu vermählen, aber sehr reich; Barzola, der Wirth, der
ein scheinbar sehr gutes und frisches, aber gewaltiges Bauchreißen verursachendes Quell-
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch