Seite - 351 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
Bild der Seite - 351 -
Text der Seite - 351 -
351
zwischen den Mundarten von Ober- und Unterfassn, von Buchenstein und Colle Santa
Lucia, um von den Mischdialeeten im Ampezzo, Fleims, Sulzberg und Nonsberg nicht
zu sprechen.
Es beziehen sich aber, wie bereits erwähnt wnrde, die Abweichungen und Differenzen
der einzelnen ladinischen Mundarten uuter einander weniger auf Syntax, als auf Phonetik,
Morphologie und Wortschatz. Was nun zunächst den ladinischen Wortschatz betrifft,
so muß derselbe im Allgemeinen als ein bunter und mannigfaltiger bezeichnet werden. Den
Grundstock hierbei bildet natürlich das Vulgärlatein nnd ist daher dieser Theil ein gemein-
romanischer, wie es denn überhaupt uur wenige gemeinladinische Wörter lateinischer
Abstammung gibt, die uicht zugleich den anderen romanischen Sprachen gemeinsam wären.
Daß auch Wörter aus der lateinischen Büchersprache Aufnahme in den ladinischen Sprach-
schatz fanden, versteht sich vou selbst. Weun das Vulgärlatein namentlich Bestandtheile
lieferte, die mit dem gewöhnlichen Leben im engsten Zusammenhang stehen, so beziehen
sich die Buchwörter vorzüglich auf Kirche und Rechtswesen. Nicht alle vom Vulgärlatein
ins Ladinische aufgenommenen Wörter sind auch zugleich gemeinladinisch, sondern manche
sind mehreren Mundarten, manche wenigen gemeinsam, manche auch nur einer eigen. Auch
kann es nicht auffallen, daß eiu und dasselbe Wort in den verschiedenen Gegenden der
ladinischen Zone nicht nnr eine lautlich verschiedene Behandlung erfährt, fondern auch der
Bedeutung uach wechselt. Haben zwei der drei Sprachgebiete mit Ausschluß des dritten
für einen Begriff dasselbe Wort, so gehen, entsprechend der geographischen Lage und
äußeren Einflüssen, Graubünden und Tirol zusammen, während in einem solchen Falle
das Friaulische sich an das Italienische anschließt; der geographischen Lage entspricht es
auch, daß Tirol öfters mit Frianl und Granbünden, dagegen höchst selten Frianl mit
Granbünden bei Ausschluß Tirols zusammentrifft. Zum Unterschied von den rein
ladinischen Mundarten entlehnen die Mischdialeete gerne Wörter dem angrenzenden
italienischen Sprachgebiet.
Einer der wichtigsten Faetoren des ladinischen Wortschatzes ist das deutsche oder
besser das germanische Element. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß das Ladinische
in der Aufnahme germanischer Sprachbestandtheile numerisch alle romauischeu Sprachen
übertrifft; hierbei hat man jedoch zwischen Wörtern zu unterscheiden, die gemeinromanisch
sind, und solchen, die das nicht sind; erstere stammen aus der altereu Zeit und bei der
nicht allzu großen Differenz des romanischen und germanischen Lautsystems bildeten die
germanischen Entlehnungen für das Ladinische wie für das Romanische überhaupt keine
besonderen lautlichen Hindernisse; wo jedoch die germanischen Laute im Ladinischen keine
Entsprechung fanden, wie dies beispielshalber vom germanischen ai. iu, gilt, half sich
der Ladiner entweder durch Reducirung des Lautes, daher vackaMv aus ^vaickanjan, oder
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch