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drangen und sich siegreich behaupteten. Gar viele Bauwerke des Mittelalters fielen der
Umgestaltungslnst nach dem nun herrschenden Baugeschmack der Barock zum Opfer,
wohingegen die in jenem Stil entstandenen Neubauten das Gepräge echter Baukunst durch
constrnctive und deeorative Beherrschung großräumiger Anlagen an sich tragen. Die
deeorative Prachtentfaltung in der Architektur jener Zeit entstand aus der großen Bau-
thätigkeit, welche die virtuose technische Behandlung der Baumaterialien heranbildete.
Sie fand ihren Ausdruck einerseits in der wuchtigen Gestaltung tragender Gliederungen
nnd geschweifter Gesimslinien der Barockarchitektur, anderseits durch Auflösung des starren
Rahmenwerks in ornamentale Gebilde, welche den vornehmlich die Innenausstattung
beherrschenden Rococostil charakterisirt.
Die am Beginn des XVIII. Jahrhunderts an Stelle eines älteren Kirchleins
errichtete St. Jakobs-Pfarrkirche in Innsbruck repräfentirt sich in ihren aus Nagelslue-
qnadern erbauten Fanden als ein schönes Beispiel des Barockstils. An der Giebelfront
von zwei niedrigen Thürmen flankirt, hinter deren Front erstere nischenartig zurücktritt,
ist diese Kirche einschiffig mit kurzen Kreuzarmen und rechteckig angelegtem Presbyterinm,
über welchem sich eine stattliche Kuppel erhebt. Die Juneudecoration in Stneco und mit
Freskogemälden von den Gebrüdern Asam aus München steht mit der Architektur des
Gebäudes in schöner Harmonie.
Weitaus einfacher gestaltet ist der um einige Decennien später erbaute Dom zu
Brixen, ein stattlicher Hallenbau mit zwei Thürmen an der Westfront, welche durch eine
Säulenhalle dorischer Ordnung verbunden sind. Der Jnueuraum des Doms ist durch
schöne Verhältnisse und prächtige Marmorinerustationen an Pfeilern und Altären aus-
gezeichnet. Dieses Bauwerk, welches an Stelle der schon erwähnten mittelalterlichen
Kathedrale gesetzt wurde, ist ausschließlich von tirolischen Künstlern geschaffen worden.
Zu den bemerkenswerthen Kirchenbauten aus dieser Periode gehört auch die Kirche
der regulirten Chorherren zu Neustift bei Brixen, ein vordem mittelalterlicher Bau, dessen
Jnnenraum in reicher und farbenfreudiger Rococodecoratiou von seltener Stilreinheit
durchgebildet ist. Außerdem verdienen noch das Wallfahrtskirchlein zur heiligen Noth-
bnrga in Eben und die Pfarrkirchen zu Borgo, Ampezzo, Cles, Vezzano, S. Maria del
Soffragio zu Rovereto und die Jesuitenkirche zu Trient als Bauwerke der Spätrenaissance
in Tirol besondere Erwähnung.
Fällt auch die Gründung der meisten größeren Klöster des Landes schon in die Zeit
des frühen Mittelalters, so ist doch von deren Bauten aus jener Zeit nur wenig erhalten
geblieben, da ihre bedeutendsten Repräsentanten der blinden Zerstörungswut) des Pöbels
während der Bauernkriege im zweiten Decennium des XVI. Jahrhunderts zum Opfer
fielen. Vordem nur in bescheidener Ausdehnung angelegt, erwuchsen die Abteien zu
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch