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Kunstarchäologie des Landes vertrauten Tiroler Priesters scheinen überhaupt die ersten
christlichen Kapellen in vorgenannter Weise angelegt gewesen zu sein, woraus später der
Thurm entstand. Als Langhaus schloß sich ein Holzbau an, der später einem gemauerten
Hochbau wich: auch der Thurm bestand im oberen Theile aus Holz oder erfuhr mit der
Zeit eine derartige Erhöhung. Jeue ehemaligen Thurmkapellen aber, durch diese Um-
änderungen ihrer Bestimmung entzogen, blieben fortab als Sacristeieu in Verwendung.
Zu umfangreicheren Steinbauten zählt der schöne Thurm zu Mittelberg, der noch
Schalllöcher in romanischem Stile besitzt, so daß es kaum einem Zweifel unterliegt, daß
die erste 1391 eonseerirte Kirche dieser Baurichtung angehörte. Sonst ließ die Romanik
keine weiteren Denkmale zurück und selbst frühgothische Werke gehören zu den Selten-
heiten. Erst nach langer Zeit überwand die von den Städten ausgehende Einwirkung das
in abgelegenen Landstrichen übliche Festhalten am Holzbau und verbreitete sich endlich
die Spätgothik iu alle Thäler und zu den höchst gelegenen Ortschaften als herrschende
Kunstübung. In der Stadtkirche von Feldkirch, erbaut oder mindestens vollendet im
Jahre 1478 durch Meister Hanns Stnrn, fand das Gefühl jener schaffungskräftigen, dabei
tief innerlich frommen Zeit künstlerischen Ausdruck; den Gedanken der Anlage als reine
zweischiffige Kirche sehen wir mit großer Geschicklichkeit an ihr durchgeführt. Das zwanzig
Meter breite Schiff wird dnrch eine Reihe von fünf Rnndpfeilern in zwei gleiche Theile
gesondert; ihm ist ein quer vorgelegter Rechtecksraum als Chor angefügt, der durch zwei
Reihen von Rundpfeilern in ein breites Haupt- und zwei schmale, niedrigere Seitenschiffe
zerfällt, gewiß eine höchst seltene Erscheinung einem geraden Chorabschluß gegenüber.
Dadurch, daß die Seitenwände beider Haupttheile des Chors wie des Schiffs in der-
selbe« Flucht verlaufen, sieht der Grundriß einer gleichmäßig angelegten Halle ähnlich.
Eine spätere Erweiterung vollzog sich unter dem Zwange beschränkten Raums und
spärlicher Mittel durch die Anlage eines Seitenschiffs in gleicher Flucht mit dem nach
außen stark vortretenden Thurme; es öffnet sich mittelst zweier schwerer Jochbogen zum
Hauptschiff, mit dem es bis zur Mitte dieses Jahrhunderts unter ein und dasselbe Dach
gestellt war. Die innere Ausschmückung der Kirche vollendete 1509 oder 1520 ein
prachtvolles Sacramentshäuscheu aus Eisen, welches Wolfgang Huber aus Feldkirch
zugeschrieben wird; seit 1655 ist dieser Schatz mittelalterlichen Kunstfleißes in die gegen-
wärtige Kanzel verwandelt. An der Pfarrkirche zu Bregenz erinnert noch der stattliche,
aus Qnadern erbaute Thurm vor der Mitte der Westfront an das Ende spätgothischer
Banart; die quadratische Halle, welche die mittelst Spitzbogen verbundenen Pfeiler
begrenzen, dient als Haupteingang; spätere Renovirung anno 1672 fügte dem Thurm
einen wohlgestalteten Dachreiter und zwei dreieckige, geschweifte Dachgiebel zu, die mit
kugeltragenden Säulchen verziert sind.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch