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höchste Stufe des Ansehens erstiegen, trug sein Plan ein großartiges, vielversprechendes
Gepräge, aber den Erbauer Cardinal Markus Sitticus II. riß 1595 der Tod hinweg,
bevor er ihn seiner Vollendung zuführen konnte, und sein Neffe Graf Kaspar, dem diese
Aufgabe zufiel, verkümmerte durch seine Sparsamkeit eine würdige und entsprechende Aus-
führung; Vieles ist nur gemalt, was plastisch sein sollte, und die Ausschmückung mit
Statuen, welche die Nischen der Hofwand, der Arkaden, Corridore und Treppenhäuser
beleben, fiel nur besseren Steinmetzen anstatt Künstlern zu. Zwei Statuen mit der
Jahrzahl 1627 und einem Monogramm weisen bestimmt auf Jefaias Gruber aus Lindau,
von welchem auch kirchliche Werke im Übergangsstil mit starken Reminiscenzen an die
Gothik in Vorarlberg vorkommen, und zwar Saerameutshänschen in Bezan und Götzis
(letzteres 1597) und eine Lichtsäule im Friedhof zu Feldkirch (1614). Trotzdem ist der
Palast durch seine großen Verhältnisse, seinen Grundplan wirkungsvoll: 65 Meter mißt
die Vordersa^ade mit Einschluß der vierseitigen Pavillons, die an den vier Ecken kräftig
vorspringen, und 48 Meter die Seitensa^aden; inmitten der Front das herrschaftlich
gehaltene Portal mit Rustikasäulen, über diesen umrahmen verjüngte Säulen mit
gebrochenen Giebeln das Wappen und ein Doppelfenster. Das Innere des Palastes nimmt
ein Hof von 20 bis 21 Meter Seitenlänge ein, unmittelbar überragt von dem senkrechten
Alt-Embs tragenden Fels, an den sich die abschließende, mit Brunnen, Pilastern und
Statuen in Nischen deeorirte Wand lehnt. Eine gemauerte Gallerie stellt die Verbindung
mit der Kirche her, welche Jakob Hannibal I. 1570 vollendete; über dem Portal steht in
einer Nische dessen Standbild im Feldherrncostüm.
Im Übrigen brach mit dem XVII. und XVIII. Jahrhundert eine Bauperiode der
Geschmacklosigkeit herein, welche nichts Originales mehr schaffend in blinder Renovations-
sucht die Vernichtung der mittelalterlichen Kunstdenkmale sich angelegen sein ließ. Ihre
eigenen unerquicklichen Schöpfungen ragen in den vielen Kirchthürmen in die Luft, an
denen das Viereck in den oberen Geschossen ins Achteck umsetzt und deren Abschluß in einer
Kuppel, Zwiebel oder in einem noch ärger verkröpften Helm endet. Auch dem bürgerlichen
Renaissancebau bleibt nichts nachzurühmen als die Holzdecken und Holzbekleidungen, die
in richtigem Kunstgefühl verhältnißmäßig einfach gehalten sind (Rathhaus zu Feldkirch,
Freihof zu Sulz, Embfer Schlößchen in Götzis). Talentirte Baumeister müssen unter so
sterilen Verhältnissen nach auswärts gedrängt worden sein, weßhalb von ihrem Wirken
auch nur immer außerhalb Vorarlberg verlautet: ein Christian Tum aus der Gegend von
Au erbaute 1695 die Kloster Weingarten'sche Kirche zu Hofen in Friedrichshafen, Peter
Tum 1756 bis 1766 baute am St. Galler Münster, die Bibliothek und einen Theil des
Klosters; von einem Anton Müller aus Bregenz liegt seine Ausnahme in die Konstanzer
Bauhütte vor (1707).
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch