Seite - 454 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13

454 Idealismus das Herz des Menschen erfüllte und die kirchliche Kunst einen stets frucht- baren Boden gefunden hat. Mit der unter allen freien Künsten am frühesten sich entwickelnden Architektur verband sich alsbald auch die ornamentale Bildhauerkunst, welcher das Land eine große Menge phantasiereicher architektonischer und sonstiger Ornamente verdankt. So am Tom in Trient, im Schloß Tirol und an anderen Bauwerken romanischer Zeit. Die hohe Ausbildung der Ornamentik ist wohl auf die größere Freiheit und Selbständigkeit zurückzuführen, welche hierin dem Künstler belassen wurde, während er inbildlicheuDarstellungeu sich an das von der Kirche Festgestellte zu halten hatte. Auf diese Abhängig- keit ist speciell der byzantinische Ein- fluß zu beziehen, welchen wir an den älteren Bildwerken romanischer Zeit gewahren. So trägt namentlich die aus dem XII. Jahrhundert stammende derbe Kreuzigtuugsgruppe zu Juuichen noch völlig den byzan- tinischen Charakter. Als ein bereits etwas selb- ständiger auftretender Bildhauer er- scheint dagegen der Meister der zwei Portale im Schlosse Tirol. Das Tympanon des aus dem Ende Krcuzigungsgruppe in Jnnichcn, des XII. Jahrhunderts stammenden reich ornamentirten Portals der Kapelle enthält eine Darstellung der Kreuzabnahme in Hautrelief, welche als selbständiger plastischer Versuch des Bildners erscheint. Der an aufwärts gerichteten Kreuzesbalken hängende Heiland trägt nicht mehr den düsteren Charakter der fremdartigen Kunst und die zwei Seitenfiguren sind offenbar nach eigener naiver Conception des Bildners entstanden. An der beiderseitigen Einfassung der Portale erblickt man streng stilisirte Thiergestalten und etliche andere Figuren, denen eine tiefere symbolische Bedeutung beigelegt wird, während die Thiergestalten an dem etwas späteren romanischen Portal der Schloßkapelle von Zenoberg bereits mehr decorativ als sinnbildlich zur