Seite - 508 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
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nicht aufmontirter Filigrantechnik gearbeitet, bei welchen in der Regel naturalistische
Blnmen und Blätter als Ziermotive nachgebildet werden.
Wahrscheinlich bestanden zu Hall in Tirol, woselbst vor einein Decennimn noch eine
Anzahl von Modeln zur Herstellung plastisch gezierter Ofenkacheln im Stil der Renaissance
ausgefunden wurde, und auch im Süden des Landes in der Gegend von Trient und
Meran einst Werkstätten für Thonwaaren- und Majolikenerzeugung; doch ist
bisher nicht mit Sicherheit constatirt, wo sich der Sitz jener ausgedehnten Industrie befand,
welche das ganze Land mit jenen prächtigen Kachelöfen, Thon- und Majolikaslieseu ver-
sorgte, die heute noch vielfach anzutreffen sind. Thonfliesen mit vertieftem Ornament und
ein reich mit spätgothischen Reliefs gezierter Kachelofen sind in der „landesfürstlichen
Burg" zu Meran; mehrere Öfen mit schön gezierten Majolikakacheln finden sich in Mezzo-
Tedesco uud im Schloß Velthurus bei Brixeu, und auch die aus Südtirol stammenden
schönen Kachelöfen im kaiserlichen Lustschloß Ambras sind außer jenen, welche sich noch
zahlreich in tirolischen Bauernhäusern vorfinden, schöne Repräsentanten dieser Kunst-
industrie aus dem XVI., XVIl. uud XVIII. Jahrhundert. Im Kastell „kuvn donsißilio-
zu Trient waren seit dem XVI. Jahrhundert die Gewölbe einiger Räumlichkeiten mit
ornamentalen und figürlichen Reliefs aus Terracotta geziert, desgleichen einige Fußböden
mit schönen Majolikafliesen, von welchen noch Fragmente im Nusec» eivico zu Trient
erhalten sind.
Über die Erzeugung feinerer Glaswaaren in Tirol finden sich auch urkundliche
Nachrichten. Die von Wolf Vitt um 1542 gegründete Glashütte zu Hall, von deren
Erzeugnissen noch einige Pokale in jener Stadt erhalten sind, fand die lebhafte Unter-
stützung Erzherzogs Ferdinand II., obgleich dieser Fürst für seinen Hofhalt sich eines
eigenen „wälschen Glaßmachers" bediente. Die Haller Glashütte erzeugte „zierlich
glaßwerk auf venedigisch art." Auch die heute noch bestehende Glashütte zu Kramsach bei
Brixlegg stammt aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts und die einst bestandenen
Hütten zu Tioue und Pinzolo dürften gleichfalls älteren Ursprungs gewesen sein.
Die hervorragendsten Werke tex tiler Kunst iu Tirol, von denen im Lande nur
weuige Beispiele aus alter Zeit uoch erhalten sind, beziehen sich größtenteils auf die
Auszier von Kirchengewändern und waren häufige Arbeiten frommer Stifterinnen für
Kirchen und Klöster. Zur Zeit Kaisers Max I. bestaud übrigens auch eine Tapisserie zu
Innsbruck, als deren Vorstand der Seidensticker Leonhard Straßberger snngirte. Die
hohe Blüte, welche die Seidenindustrie in Südtirol unter Erzherzog Ferdinand II. erreicht
hatte, läßt außer der Erzeugung von Seiden- und Sammtstoffen zn Rovereto und Trient,
welche urkundlich erwiesen ist, auch den Betrieb der Seidenstickerei im Süden des Landes
vermuthen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch