Seite - 43 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (1), Band 14
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Zahlreiche Straßen erleichtern den Verkehr und vermitteln den bequemen Genuß
der Landschaft. Auch ist das Land überall von Bahnen durchschnitten, von denen fast jede
ihr Tunnel hat oder durch tiefe Einschnitte, kühne Brücken, auffällige Krümmungen und
Serpentinen, Hochdämme und Viaducte dem Reisenden eine willkommene Abwechslung
bietet. Ja am Fuße der Sudeten schlängelt sich die Eisenbahn um das Gebirge gleich einer
Guirlande, welche, in Wichstadtl, Nachod, Parschnitz, Trantenan, Pelsdorf, Semil und
Reichenberg festgeheftet, die Ranken und Ausläufer ihres Schienenstranges theils durch
altbekannte Gebirgspässe nach Schlesien entsendet, theils in Freiheit, Hohenelbe, Tann-
wald und Gablonz endigen läßt.
Ein arbeitsames Volk müht sich in diesem herrlichen Lande theils auf den weiten
Feldflureu, theils in der Hausindustrie und in den Fabriken um seinen Lebensunterhalt.
Im Flachlande, wo der Mensch unmittelbar um den Ertrag der Erde wirbt, lebt er auch
einen größeren Theil des Jahres im Freien. Je näher aber dem Gebirge, desto mehr
ziehen sich die Menschen bei der Arbeit hinter die vier Wände zurück, desto näher rücken
sie in den Häusern und Fabriken zusammen. Überall rasselt daher hinter den kleinen
Fenstern der graubedachten Holzhütten der Webstuhl oder es saust die Drehbank oder es
klappert die Walke um die Wette mit der Wirkmaschine und dem ächzenden Schleifzeuge.
Und überall, wo es ein Wässerlein gibt, rauscht dort die Turbiue oder qualmt der Schlot,
und in den weiten Arbeitsräumen ächzen die nimmermüden Maschinen im Dienste der
Industrie. Hier gestalten sich die Märchenwuuder des Glases, hier arbeitet Spindel und
Webstuhl, hier wird das Holz geflochten und gewebt oder geschnitzt, geschnitten nnd
gedrechselt oder zu Papierstoff zerfasert. Auch der Stein wird gesägt, geschliffen und
geschnitten, daß er wie ein Stern glänzt. In der ebeneren Landschaft aber, da ragen und
qualmen die Schlote gewaltiger Bauten, in denen das Getreide vermahlen oder der erd-
geborene Zucker verkocht und ausgegohren wird.
Und sonderbar, die Dörfer im Flachlande sind zwar klein und menschenarm, aber
die Häuser selbst stehen doch eng beisammen. Dagegen in den Thälern und an den Hängen
der Gebirge liegen die Wohnungen zerstreut, meist den Bach oder die Au entlang, ein
jedes Haus die Stirn nach einer anderen Weltgegend gekehrt. Und doch sind hier die
Dorfschaften groß und volkreich, die Gebäude oft sehr ansehnlich, so daß der Fremde eher
in Städte als in Dörfer zu kommen glaubt. Im Hochgebirge endlich sind die Bauten ganz
vereinsamt, und selbst wenn sie zu Dorfschaften gehören, sind sie doch weit über die grünen
Berglehnen verstreut.
Der nördlichste Theil von Böhmen führt den Namen Niederland. Dasselbe
umfaßt die Bezirkshauptmannschaften Rumburg und Schlnckenan und reicht im Süden bis
zur Kreuzbuche (535 Meter). In der Nähe ragt der Kaltenberg (731 Meter) wie ein
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch