Seite - 66 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (1), Band 14
Bild der Seite - 66 -
Text der Seite - 66 -
66
Die Ufer treten nun weiter zurück und lassen Raum für die Jserwiesen, über welche
der Fluß bei Thauwetter und starken Regengüssen wie ein See sich ausbreitet, oder sie
verflachen sich. Schon liegt links der Eisenbahn der Mnskyberg (462 Meter), rechts die
Stadt Münchengrätz, wo Wallensteins Gebeine ruhen. Es folgen Bakow und die Burg-
ruine Sweretitz (Zwiretitz), Josephsthal-Kosmanos mit berühmter Kattundruckerei,
und die Michels bürg (Michalovic), deren Wachthurm von einem Blitzstrahl in zwei
Theile zerrissen wurde. Die alte Kreis- und Brüderstadt Jungbnnzlan blickt von ihrer
felsigen Höhe mit ihren alten Häusern und Thürmen recht pittoresk ins Thal. Bemerkens-
werth ist der 30 Meter hohe Bahuviaduct bei Strauow. Noch berührt der Fluß
Neubeuatek und vereinigt sich bei Tanschim mit der Elbe.
Die Jser trennt das nach ihr benannte Gebirge vom Riesengebirge, welches
auf einer weiten Strecke die Wasserscheide zwischen Oder und Elbe, die Landesscheide
zwischen Böhmen und Preußisch-Schlesieu bildet. Es trägt in mancherlei Beziehung den
Charakter eines Alpengebirges, bietet an einzelnen Stellen selbst im Hochsommer noch
Altschnee, im Winter aber stürzen zu Zeiteu auch Lawinen in die engen Thäler. Ja, auch
Spuren von Gletschern hat man nachgewiesen. So reichte der Anpagletscher von der Schnee-
koppe im Riesengrund bis zum Petzerkretscham und war 100 Meter mächtig, 700 Meter
breit und 5 Kilometer lang. Kein Gebirge in Mittel- und Norddeutschland kommt dem
Riesengebirge an Seehöhe gleich, die Aussichten von den Höhen reichen weit, weit nach
Schlesien und in das Böhmerland, die Wege sind breit, bequem und wohlgepflegt — kein
Wunder also, wenn das Riesengebirge zu den besuchtesten Gebieten unseres Reiches gehört.
Das Riesengebirge zwischen der Jser und der Schatzlarer Senke ist ein Massengebirge,
das im Norden hauptsächlich aus Granit sich aufbaut und sowohl in der Richtung als in
der geognostischen Bildung dem Jsergebirge gleicht. Es besteht aus zwei parallelen Haupt-
kämmen, von denen der nördlichere bis zum Liebauer Paß sich hinzieht, mit einem steilen
Abfall nach Schlesien und einem sanfteren nach Böhmen. Er bildet bis zum Forstkamm
die Landesgrenze, sowie auch die Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee und wird von
mehreren Kuppen und Felspyramiden überragt. Der westlichste Theil des Hauptkammes
heißt Weiberberg, der Reifträger (1359 Meter) bildet hier den steilen Nordrand. An
ihn schließt sich die große Kranichswiese oder Grenzwiese mit dem Veiglstein oder Spitz-
berg und dann die Naworerwiese, sowie die Schneegrubenwände, welche an ihrem
Nordrande fast senkrecht nach Schlesien abstürzen. Das Hohe Rad (1506 Meter) und
die Große Sturmhaube (1424 Meter) sind als knppelförmige Erhöhungen oder riesen-
hafte Steinhaufen zu bezeichnen. Diese Kuppen theilen den Hauptrücken, welcher hier sehr
steil in den Elbegrund und die Siebengründe abstürzt, in eine Ost- und eine Westhälfte.
Die südliche Abdachung des Mädelsteins bis zum Rand der Siebengründe heißt Mädelwiese.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch