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selbst auf dem Rücken der Berge weit verstreut. Auf der Weißen Wiese sieht man nnweit
des Knieholzes kleines struppiges Gras, aber auch sumpfigen Torfboden, worin die Aupa
ihre Quellen besitzt. Minder hohe Lage gestattet den Bau von Kartoffeln. Der Roggen
wird bis 400 Meter, der Hafer stellenweise bis 800 Meter gebaut, er reift aber nicht
jeden Jahrgang. Der Obstbau ist wegen des rauhen Klimas nicht lohnend. Unter den
Waldfrüchten spielen die Heidelbeeren eine große Rolle. Auch werden die zahlreichen
Wurzeln und Arzneikräuter von den Bewohnern fleißig gesammelt und benützt, ja sogar
bei ihren Bauden angepflanzt, eingeerntet und getrocknet. In den klaren, reinen Gebirgs-
gewässern ist die Forelle sehr häufig anzutreffen. Das Wetter wechselt im Gebirge oft
sehr rasch und nicht ohne triftige Ursache erzählt die geschwätzige Sage von Rübezahls
Wetterwendigkeit. Auch das Koppengespenst ist nicht gar zu selten. Im Winter lieben die
Bewohner die Hörnerschlittenfahrt.
Wer das Riesengebirge besuchen will, der kann bei günstigem Wetter schon während
eines einzigen Tages sich sehr viel Freude verschaffen. Von Trantenan über Altstadt
und Jungbuch bis nach Freiheit unweit Johannisbad, dem böhmischen Gastein, genügt
die Benützung der Bahn. Nuumehr zu Wagen durch Marschendorf, Dunkelthal und
Großanpa zum Petzer, woselbst man einen Führer aufnimmt, nm durch das Aupathal
zum Riesengrund mit dem Riesenkessel emporzusteigen. Da sehen wir denn gegenüber am
Bruuuberge neben einer Felsenrinne im Knieholz ein Dreieck, welches als Rübezahls
Kärtchen bezeichnet wird. Es steht dort ein verkümmertes Apfelbäumchen, welches vor
zwölf oder vierzehn Jahren drei haselnußgroße Äpfelchen getragen haben soll und seither
nicht wieder. Endlich erreichen wir auf einem sehr gewundenen Wege den Koppenplan.
Oberhalb der Riesenbande liegt die Schneekoppe, ganz kahl und voll Steine, sowohl
loser als auch fester und zerfallener. An den Lehnen liegen die größeren Blöcke, aber
näher der Koppenwirthschaft die kleineren und loseren. Wir steigen empor, um die wunder-
herrliche Aussicht zu genießen und den müden Körper zn erquicken. Aber wir verhalten
uns nicht, sondern ziehen über den Koppenplan zur Weißen Wiese und steigen an
der Lehne des Ziegenrückens nach Spindelmühle hinunter, wo wir übernachten oder
zu Wagen nach Hohenelbe fahren können. Hier bietet die Bahn Gelegenheit, um nach
Belieben einen anderen Theil des Landes zu besuchen. Diese eintägige Fahrt ins
Gebirge ist nicht einmal anstrengend, noch weniger aber gefährlich, gleichwohl gewährt
sie einen höchst anregenden Einblick in die Reize und Eigenthümlichkeiten des Riesen-
gebirges. Natürlich, wer den ganzen Grenzkamm begehen, wer auch das Thal der kleinen
Aupa, die Elbequellen und den Elbefall, sowie die verschiedenen Koppen und Gründe
bis zum Mummelfall kennen lernen und bewundern will, der wird mehrere Tage
benöthigen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch