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unter den böhmischen Flüssen verschafft haben, folgen unterhalb des Dorfes Radic. Er
tritt nun in ein von hohen Hängen eingeengtes Thal und der bisher freundliche Charakter
schlägt plötzlich in den des Wilden und Düsteren um. Die Ufer werden höher und
schroff, stellenweise zeigen sich steile Waldgehänge, stellenweise starre dunkelgraue Fels-
wände, welche schroff in das Wasser abfallen. Eine Masse großen und kleinen Gesteins
ist seit Jahren in das breite, aber seichte Bett herabgefallen und durch dieses zwängen sich
die murmelnden Wellen des Baches durch. Das üppige Erlengebüsch des Thals und die
fichtenbedeckten Gehänge erwecken mit der schwarzen Fläche des Flusses das Gefühl der
Abgeschiedenheit. Unterhalb der Ruine Hradek empfängt der Mastnik den durch ein
enges Waldthal herabtosenden Krecowitzer Bach und umfließt fast im Kreise eine Anhöhe,
auf der das Jägerhaus Kasärna thront. Nun wird wohl das Thal freundlicher, da der
Schwarzwald mit Laubgehölz untermischt ist und die linksseitigen Gehänge sich stellen-
weise verflachen, aber wild bleibt es stellenweise noch fort. Unterhalb des Dörfchens
Polican, auf der Felswand psane sküh, sind deutsche und slavische Inschriften aus-
gemeißelt, welche aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert stammen und kurze Sprüche
religiösen Inhaltes enthalten. Bei der nächsten Krümmung ist der Bach der Moldau so
ziemlich einen halben Kilometer nahe gekommen, kann sie aber nicht erreichen, da ihm eine
gewaltige Erdzunge im Wege steht. Diese ist ein weitgestreckter Ausläufer der Waldhöhe
Äat? vrek, von der sie nur durch den seichten Sattel Hradnice getrennt ist. Hart hinter
demselben steigt der nach allen Seiten steil abfallende Kegel Cervenka empor. Nicht nur
seine, sondern auch die Gehänge der übrigen, unter dem Namen Ostromec bekannten Erd-
zunge sind mit Laubgebüsch bewachsen, welches bei Sonnenbeleuchtung, besonders im Früh-
herbst, wenn sich die verschiedenen Farbenabstufungen von Grün bis Orange bilden, einen
überraschenden Anblick gewährt. Die Burg Ostromec, deren geringe Reste zwischen den Feld-
fluren auf der Oberfläche sichtbar sind, hat sich aus einem Adelssitz zu einer bedeutenden
Festung herangebildet, welche zur Zeit der Religionskriege im XV. Jahrhundert die
Gegend herum weit und breit unsicher machte. Nachdem der Bach diese Erdzunge nach
dreifacher Windung umflossen, mündet er bei Onstt in die Moldau.
Die Partien an der Sazawa gehören zu den schönsten in Böhmen, da der Flußlauf
eine stete Abwechslung gewährt. Bald flutet sie durch finstere Waldthäler, bald wird ihr
Thal durch Felsen und Gehänge eingeengt oder verflachen sich die Ufer und werden von
schön gruppirten Ortschaften geschmückt. Die Einsamkeit der Waldpartien wird durch
klappernde Mühlen und Einschichten unterbrochen und dann und wann schauen die Reste
trotziger Burgen finster in das Thal herab. Den Ursprung der Sazawa bilden einige Bäche,
welche theilweise in Böhmen, theilweise in Mähren entspringen. — Nach ihrem Eintritt
in Böhmen fließt die Sazawa durch eine hügelige Landschaft bis Pribis lan und von
Böhmen. 10
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch