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einer Lanzenspitze aus Bronze, dabei ein Menschenschädel — die Reliquie des ältesten
geschichtlich nachweisbaren Pragers! Die Gegenstände gehören der 1>a I'ene-Zeit
an, also einer Periode, die schon ziemlich weit herwärts von dem uranfänglichen Steinalter
liegt, doch immer noch um einige Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung zurück-
zusetzen ist. Die Herkunft der meisten dieser jüngeren Artefacte aus einheimischer Gewerbs-
thätigkeit ist durch Gußmodelle, Rohguß und Halbfabrikate sichergestellt.
In der urältesten Zeit gab es für den Menschen nur den Kampf gegen die Natur-
kräfte, gegen die Thiere der Wilduiß, gegen nachbarliche Angriffe. Es kamen die
großen Völkerwanderungen, als deren erste die glaubhafte Geschichte den Zug der Kelten
ans dem übervölkerten Gallien (um 388 v. Chr.), dann jenen der Cimbern und Teutonen
von den Gestaden des baltischen Meeres (um 113 bis 101 v. Chr.) verzeichnet, und da
kam das Bedürfniß des Massenschutzes, der Massenvertheidigung auf. So entstanden jene
Stätten, welche mit altehrwürdiger Bezeichnung im Volksmunde als kraäiste (kraäiti
— schützen) zu einem großen Theile bis auf den heutigen Tag bekannt sind. In der
Umgegend der Moldau, mit der wir uns hier des nähern beschäftigen, zeigen sich Spuren
von derlei Ringen in der Särka, am Rivnäc, bei Zämky, bei Levy Hradec und andere.
Das unruhige Völkergeschiebe hat allmälig ein Ende gefunden; die ausgedehnten
Schutzwerke haben ihre Bedeutung verloren, sie nehmen jetzt den Charakter von Wohn- und
Schirmstätten der Stammes- oder Gau- (Zupeu-) Fürsten an, sie werden an Umfang
kleiner, gedrungener, sie heißen jetzt kraä (polnisch ssroä, südslavisch Zra<Z), ilraÄse,
krätlek.
Hiermit sind wir bei jenem Zeitpunkt angelangt, in welchen die Sage — von der
Einwanderung Cechs „über drei Flüsse" abgesehen — die Gründung Prags versetzt. Aus
dem Halbdunkel der Vorzeit schimmert uns, in der Mitte des Landes um den Unterlauf der
Moldau gruppirt, eine Reihe von Burgen hervor, die zugleich Fürstensitze sind, uralten
Ursprungs, verlorener Geschichte: Krakov, Kazln, Tetin, Libnsin, dann Bndec am Zakolaner
Bach mit einer Schule, die Libuöa und Premysl besucht haben sollen, Devin (die Mägde-
burg) und ihr gegenüber am rechten Ufer der Vysehrad — Hochburg, dauu etwas
stromabwärts am liukeu die Prager Burg. In der Sage gilt der „heilige" Vysehrad als
der älteste Fürstensitz, »vmnium terrae illius civitatum quasi mater et äomina", und
erst vom Vysehrad aus, wie wir vernehmen, wird die Prager Burg gegründet; wir werden
aber kaum irregehen, wenn wir in Wahrheit das Entstehen der Prager Burg ebenso
in unbekannte vorgeschichtliche Zeit versetzen wie die des Vysehrad. Der Vysehrad galt
zwar in der Meinung des Landes, in den Liedern der Volks- und Heldensänger, als die
vorzüglichere, als die erste und gepriesene Stätte des Gottesdienstes; hierher kamen die
Fürsten und Herren des Landes zu gemeinsamer Berathung zusammen, hier saßen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch