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größere Versammlungen unter freiem Himmel bestimmt. Hier stand der steinerne Fürsten-
stuhl, von welchem aus die Fürsten nach altslavischer Sitte, wenn sie die Regierung
antraten, die Aufrechthaltung der Rechte und Freiheiten des Landes gelobten und dafür
die Huldigung der Großen des Landes und des versammelten Volkes entgegennahmen.
Etwa in der Mitte des freien Raumes war eine erhöhte Stelle, Ä2i genannt, in heidnischen
Zeiten wahrscheinlich ein Opferplatz.
Zu Füßen der zwei Burgen, vielleicht noch älteren Ursprungs als diese, breiteten
sich lose Ansiedlnngen aus, die unter dem Einfluß der beiden Fürstensitze und durch den
von diesen ausgehenden regeren Verkehr mehr und mehr zusammenwuchsen und wegen dieser
ihrer Lage als Unterstadt, suburdium, p»ätn-aäi, bezeichnet wurden. Am rechten Ufer
haben wir uns zwischen der Vysehrader und der Prager Unterstadt einen weiten offenen
Raum, ineöiFi-aäie, zu denken, von dessen nördlichem Ende das Prager Snburbinm bis in
die Nähe des heutigen Karolinenthal reichte. Der Verkehr zwischen beiden Burgen und
deren Unterstädten über den Fluß hinüber wurde anfangs durch Plätten und Kähne unter-
halten, in der geschichtlichen Zeit erfahren wir bald von einer Holzbrücke zwischen dem
rechtsufrigen und dem linksusrigeu Prager Suburbium. Der im Laufe der Zeit zunehmende
Verkehr, der vom rechten Ufer sich weiter ins Land hinein fortsetzte, hatte zur Folge, daß
sich hier die Ausiedlungen mehr und mehr schlössen und nahezu jenen Raum einnahmen,
den die heutige Altstadt ausfüllt, da schon bei Cosmas von mehreren Kirchen, verschiedenen
Gassen und einem Platze, dem späteren Großen Ring, die Rede ist, welch letzterer
Marktzwecken diente, sich für Kundmachungen durch Ausrufer eignete, aber auch bei
Hinrichtungen, Auspeitschungen und anderen öffentlichen Strafen gebraucht wurde. Hier
entstand der „Teyn", Frohnhos, laeta curia, tvn (vergleiche altböhmisch t^nitl —
schützen, umzäunen), wo die fremden Kaufleute ihre Waaren, ehe sie dieselben zum Verkaufe
ausboten, verzollen mußten; die Häusergruppe rückwärts der heutigen Teynkirche heißt jetzt
noch „das alte Ungeld". Vom Teyn gegen die Moldau und am Ufer derselben abwärts
werden frühzeitig Juden erwähnt, die hier eine Synagoge hatten. Einen zweiten viel
größeren Marktplatz gab der früher erwähnte, zwischeirder rechtsuserigen Prager Unterstadt
und jener des Vysehrad gelegene freie Platz ab, wo die Viehmärkte abgehalten wurden. Wie
belebt schon im XI. Jahrhundert der Handel und Wandel auf diesen Plätzen war, schildert
Cosmas in seiner beredten Weise, wobei er die Fremden aus allen Ländern und die Juden
namentlich hervorhebt. Der Araber Ibrahim Ben Jaknb nennt Prag den bedeutendsten
Handelsplatz der slavischen Gebiete; Russen, Slaven aus der Stadt Krakau, Ungarn,
Griechen und Juden kämen dahin mit ihren Waaren und byzantinischen Silbermünzen.
Mehr gegen den Fluß hin, theils zum Prager, theils zum Vysehrader Suburbium
gehörig, tauchen frühzeitig die Namen Podskal (poäskali --- unter dem Felsen), Zderaz,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch