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Opatovice auf, die sich bis heute erhalten haben; weiter ins Land hinein, in der Gegend
der heutigen St. Stephanskirche, vernehmen wir von einem Dorfe Rybnik. Am linken
Ufer unterhalb der Burghöhe und der die Abhänge des Petrin, heutigen St. Lanrenzi-
berges, belebenden Weingärten bestanden mehrere Weiler, Üjezd (Anjezd), Nebovidy,
Travuik (Travnicek); die in denselben befindlichen Kirchen werden zwar erst im
XI. Jahrhundert erwähnt, allein die Ansiedlnngen selbst reichten ohne Zweifel tief in die
Heidenzeit zurück.
Die Prager Burg, damals das eigentliche Prag, entwickelte sich rasch. Es muß
früh eine solide Befestigung mit Thürmen an die Stelle der alten aus Holzwerk und
Balken getreten sein, denn schon im X. Jahrhundert berichtet der früher erwähnte
Ibrahim Ben Jaknb: „Die Stadt Prag ist aus Stein und Kalk erbaut," was auch
von manchen Bauten im Snburbinm gelten dürfte, da Steinbrüche und der altberühmte
Prager Kalk überall nahe waren. Im Innern der Burg entstanden von einem Jahr-
hundert zum andern neue Bauten. Gegen den Opys hin errichtete Vratislav I., 895 bis
926, eine Kirche zum heiligen Georg, in welcher er die irdische Hülle seiner Mutter
Ludmila, der ersten christlichen Herzogin und Märtyrin, beisetzen ließ. Unter seinen:
ältesten Sohne Wenzel l. wurde 930 bis 931 eine Kirche zum heiligen Veit erbaut,
etwas herwärts der Stelle des heutigen Doms.
In die Zeit Boleslav I. des Grausamen und seines Sohnes Boleslav II.
fällt die Gründung des Prager Bisthums und die Stiftung eines Nonnenklosters,
des ersten im Lande, bei St. Georg. Aus dem Alexius- und Bonisacins-Kloster zu
Rom führte 992 Bischof Adalbert (Vojtech), nachdem er selbst dort die Ordensgelübde
abgelegt, zwölf Mönche nach Böhmen, mit denen er das Kloster Breonov nächst dem
Weißen Berge gründete.
Unter dem ritterlichen Bretislav wurden 1039 die Gebeine des heiligen Adalbert
in Gnesen erhoben, in feierlich andächtigem Zuge nach Böhmen gebracht und in der
St. Veitskirche beigesetzt. Unter diesem Herzoge wurde auch die Umwallung der Prager
Burg neu hergestellt, um 1050, und Cosmas berichtet dazu einen Zwischenfall, der
charakteristisch für die einfachen Lebensverhältnisse jener Tage ist. Gegen den Opys hin
ließ sich nämlich die neue Mauer nicht aufführen, ohne die Küche der Nonnen von St. Georg
anzugreifen. Als nun die Werklente zögerten Hand anzulegen, kam Prinz Spytignev
herbei, ließ den Herd einreißen und die Steine in den Brnsniebach hinabkollern, indem
er lustig ausrief: „Heute wird die Frau Äbtissin keine Koläcen backen können!" Auf den
Lärm kam die Klosterfrau heraus und übergoß den Prinzen mit zornigen Schmäh-
worten, die der sprachgewandte Chronist seinen Lesern in zierlichen lateinischen Versen
wiedergibt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch