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nicht einmal versuchte. Von der Geistlichkeit waren es namentlich die Jesuiten, die in dreien
der Prager Städte Bauten von kolossalem Umfange mit reich ausgestatteten Kirchen theils
umgestalteten, theils neu aufführten: in der Altstadt das vorzüglich Unterrichtszwecken des
Gymnasiums und der Universität dienende Clementinnm (1653), auf der Kleinseite das
Proseßhans mit der herrlichen St. Niklaskirche (1673), auf der oberen Neustadt das
Novizenhaus zum heiligen Jgnaz von Loyola (1678 und 1690). Die nicht mehr
politische, doch in um so höherem Grade gesellschaftliche Machthoheit des Adels trat in
einer Reihe geschmackvoll und zum Theil pomphaft ausgeführter Paläste zur Schau, in
welchen Stücken sowohl in Prag als in Wien die Decennien nach den glorreichen Türken-
kriegen besonders fruchtbar waren. Weil die weitere Ausführung dieses Themas dem
Abschnitt über die Kunst in Böhmen überlassen werden muß und wir einige dieser Paläste
bei unserem Rundgang durch die Stadt kennen lernen sollen, seien hier blos, gleichsam als
Typen, das schöne Palais Kinsky am großen Ring, die aristokratische Anlage des Palais
Nostitz am Graben und der Prachtbau Gallas, heute Clam-Gal las , zwischen der kleinen
und großen Jesuitengasse erwähnt, der letztere von Fischer von Erlach (den einige Schrift-
steller in Prag geboren sein lassen), die beiden ersteren von Kilian Dinzenhofer, dem
gerühmteren Sohn eines gerühmten Vaters.
Nach dem Aussterben des Habsburgischen Mannsstammes mit Kaiser Karl VI.,
nach einer Friedenszeit von nahezu hundert Jahren, erfuhr Prag eine feindliche Besetzung
durch Baiern, Sachsen und Franzosen, die am 21. October 1741 von der Stadt Besitz
nahmen, ohne ihr jedoch Schaden zu thun, da sie ja dieselbe für den baierifchen Kur-
fürsten, den künftigen König des Landes, zu schonen hatten. „Nie hat eine Stadt," sagt der
Geschichtsschreiber Pelzel, „diemit Stnrm genommen worden, so wenig gelitten; es wurde
kein Haus geplündert, keinem Bürger ein Leid zugefügt." Als bauliche Andenken an diese
Episode haben die Franzosen eine neue Befestigung des Vysehrad und eine weitläufige
Militärbäckerei zwischen dem Heuwagsplatz und der Hibernergasse in der unteren Neustadt
zurückgelassen. Die Inschrift des phrasenreichen Volkes von jenseits des Rheins: »I/art äs
vaincrs est percku sans I'art cke subsister" ist noch heute, obwohl nicht in den ursprüng-
lichen Lettern, an der Stelle zu lesen. Als ein Jahr später die Kaiserlichen an die Wieder-
eroberung schritten, wurde Prag beschossen, alle Zugänge abgesperrt, so daß eine unerhörte
Theuerung aller Lebensmittel entstand und die Bewohner überdies eine Kriegssteuer von
7,000.000 Gulden tragen sollten, bis am 16. December 1742 die feindliche Besatzung,
selbst der grimmigsten Noth ausgesetzt, die Stadt räumte.
Ohne Vergleich ärger war, was die Hauptstadt Böhmens fünfzehn Jahre später
durch Friedrich II. von Preußen erfuhr, als dieser seine Geschosse auf den St. Veitsdom
richtete. In der Nacht vom 29. zum 30. Mai 1757 zerschmetterte eine Kanonenkugel das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch