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Von dem „Großen Ring" der Altstadt gelangen wir über den „Kleinen Ring"
in die „Kleine" und dann in die „Große Jesuitengasse", jetzt Karlsgasse, vor der
Eröffnung der Kettenbrücke die Hauptader des Verkehrs zwischen der rechts- und der links-
nsrigen Stadt. An ihrem Ausgange befinden wir uns auf einem der kleinsten, aber durch
seinen Ausblick über den Fluß auf die hier vom Hradschin, dort vom Strahov gekrönte
Kleinseite, aber auch durch die charakteristische Mannigfaltigkeit seiner Bauten schönsten
Plätze unserer Stadt: gegen Osten die Säulenvorhalle der Salvatorkirche und das
Portal der ehemaligen großen und weitenJesnitenveste, des Clementinnm — Priester-
seminar, Universitätsbibliothek, verschiedene Hörsäle und Sammlungen, sürsterzbischösliche
Buchdruckerei, Spiegel- und Wälsche-Kapelle, Salvator-und St. Clemenskirche; — gegen
Norden die Kuppelkirche der Kreuzherren mit dem rothen Stern und das Standbild
Karls IV. auf dem kleinen Gartenplatze nächst dem Fluße; gegen Westen der Altstädter
Brückenthurm, eines der herrlichsten noch erhaltenen Denkmale gothischer Prosan-
Architektnr; die Südseite schließen zwar außer dem Palais Colloredo nur Privatbauten
ab, allein die offeneDoppelwölbnng zwischen diesen Häusergruppen eröffnet das belebte Bild
des Altstädter Quai's, auf den wir beim Überschreiten der Kettenbrücke (Seite 194) von
der oberen Seite blicken konnten. Abgesehen von diesen städtischen Reizen ist der Kreuz-
herrenplatz eine in der Geschichte Prags zweimal, allerdings in sehr verschiedenem Sinne
berühmt gewordene Stätte: das erstemal 1648 bei der ruhmvollen, mehr als drei-
monatlichen Vertheidigung der Alt- und Neustadt Prag gegen die Schweden, dann zwei
Jahrhunderte später während des unheilvollen Juni-Aufstandes; der Name des tapferen
Jesuiten?. Georg Plachy knüpft sich an die erste, der des ruhelosen Joseph Fric an die
zweite dieser Begebenheiten.
Wohl das meistgenannte unter den vielen Wahrzeichen des „goldenen Prag" ist
die große Moldaubrücke, heute, wo sie so viele Coneurrentinnen erhalten hat, meist
Karlsbrücke genannt. Seit den Vierziger-Jahren, wo neben ihr die Kettenbrücke entstand,
hieß sie im Gegensatz zu dieser die „steinerne Brücke" und noch früher durch Jahrhunderte
hinauf war sie dem Volke einfach die „Prager Brücke" und als solche im ganzen Lande
im Ansehen und hochberühmt. Sie hat im vorigen Jahrhundert unter Kaiser Joseph II.
und dann jüngst grausame Schicksale erfahren. Es hat eine so außerordentliche Kata-
strophe und eine so unglückselige Verbarrikadirung durch Holz-, Floß- und Balkenwerk
wie im Hochsommer 1890 dazugehört, um das großartige Baudenkmal in seinem ruhigen
Bestände zu erschüttern, zwei seiner mächtigen Bogenwölbuugen ganz, eine dritte zum
Theil einstürzen zu machen, so daß ein Stück wie in der Luft schwebenden Mauerwerks
vollends abgetragen werden mußte. Eine sorgfältige Prüfung ergab jedoch, daß der stehen
gebliebene Bau vollkommen unerschüttert, nur hier und da minder wesentlicher Ausbesserung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch