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auch die zerschlagenen Knochen des Renthiers und des Pferdes; die Schneidezähne des
letzteren im Verein mit kleineren Knochenfragmenten anderer Thiere benützte er zur Zier.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß er das Renthier bereits gehegt und bewacht hat, wobei
ihm ein Hund, der an den Schäferhund mahnt, behilflich gewesen sein mag. Interessante
Feuersteinwerkzeuge und bearbeitete Renthier- und Rhinocerosknochen fand man im Lehm
von Lnbna bei Rakonitz (Rakovnik); die Spnren seiner Existenz sind ferner zu verfolgen in
den diluvialen Lehmen von Panenskä und Podbaba bei Prag, in den Höhlen bei Jinonitz,
bei Beraun, in den Prachover Felsen bei Jiciu, in den Lehmen bei Aussig, Türmitz und
einigen anderen noch nicht zweifellos sichergestellten Orten. Der vielbesprochene Brüxer
Schädel gehört, sowie wahrscheinlich auch noch einige andere Schädelfunde, einer jüngeren
Zeit an. Es hat allen Anschein, daß dieser Mensch gegen das Ende der Diluvialzeit über die
meisten Flußthäler nicht nur Böhmens, sondern Mitteleuropa's überhaupt verbreitet war.
Mit dem Aussterben des Löwen und einiger anderen größeren Katzenarten in
unseren Gegenden kann man die Diluvialepoche oder die paläolithische Zeit als abge-
schlossen betrachten. Ob auch der diluviale Mensch, wie einige Thiere seiner Zeit,
von unseren Breitegraden verschwunden und an seine Stelle ein anderer, in der Cultur
mehr vorgeschrittener Mensch getreten ist, kann man heute ebensowenig entscheiden, als
es sich sagen läßt, wohin der erstere verschwunden und woher etwa der letztere gekommen
sein sollte und wo dieser die zugeschlagenen Steinartefacten zuzufchleifeu gelernt haben
mochte, in deren Besitz wir ihn in dem nächstfolgenden Zeitabschnitt, am Beginn der
alluvialen Zeitepoche antreffen.
Neolithische Zeit.
Während dieses Zeitabschnittes begegnen wir dem Menschen in Nord- und Mittel-
böhmen so häufig, daß uns gegen Ende dieser Periode, besonders an der Biela, Eger,
Elbe, Beraun, an der unteren Moldau und in der Umgebung Prags eine ziemlich dichte
Bevölkerung entgegentritt. Es würde uns zu weit führen, wollten wir an dieser Stelle
alle jene Orte des Landes anführen, an denen der Mensch dieser Zeit seine Steinartefacte.
die Reste seiner Wohnhütten, seine Küchenabfälle und die Knochen seines Skelettes
zurückgelassen hat.
Die aus Stein und Knochen zu geschliffenen Artefaete entsprachen ihrem Zweck
jedenfalls besser als die blos zugeschlagenen Werkzeuge des Diluvialmeuscheu. Schon der
letztere machte an den zugeschlagenen Knochenwerkzeugen die Erfahrung, daß sich dieselben
durch deu Gebrauch abwetzen, glatt werden und so ihrem Zweck besser entsprechen, wie
dies die au das Ende der Diluvialzeit reichenden Funde geglätteter Knochenwerkzeuge
aus der Gudennshöhle in Niederösterreich und aus Predmost in Mähren bezeugen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch