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heute noch am Passauer und Nachoder Steig an dem weithin verlaufenden Grabeneinschnitt
sichtbar sind, in welchem die Säumer, ohne abirren zu können, mit ihren Lastpferden sich
vorwärts bewegten. Der verhültnißmäßig passirbarste und wohl auch der älteste Pfad war
jeuer vou Chamb gegen Taus im Westen, der Steg von Linz gegen Hohensnrt im Süden,
der Chlnmetzer (Knlmer) Steig im Norden, der Nachoder und Terstenitzer im Osten. Die
übrigen sind erst im späteren Mittelalter aufgekommen.
Ohne Kenntniß dieser eigenthümlichen Terrainverhältnisse bleibt so manches
geschichtliche Ereigniß des Landes unverständlich, so die Abwehr der Cimberu, das
Mißlingen des römischen Angriffs auf Marbod, die feste Stellung Samos, ja der ganze
Verlauf der mittelalterlichen Geschichte.
Die ältesten geschichtlich nachweisbaren Bewohner Böhmens waren Kelten. Wahr-
scheinlich hatten sie dieses Land schon lange vor der großen Bewegung der gallischen Kelten
(IV. Jahrhundert v. Chr.) inne, gerade wie die Bojer des oberen Donaulandes. Auch
sie wnrden Bojer genannt, wenn nicht etwa der Name Bojmi lautete wie Trokmi, Renn,
Osisnii, woraus der Name des Landes Bnjäm-nm, Bojhäm-nm leichter abzuleiten wäre.
Diese Kelten erhielten eiuen Zuwachs aus den? südlichen Gallien, als nach Cäsars Zeugniß
die Volcä Tektosages in das gut bewohnbare Gebiet des hercynischen Waldes einzogen.
Diese Bewegung hängt wohl mit dem Zuge Sigoves nach dem hercynischen Waldgebirge
zusammen. Wenn es auffallen sollte, daß die Volcä ihre herrliche, zwischen den Pyrenäen
und dem kemmenischen Höhenzuge gelegene Heimat gegen Hercynien vertauschten, so möge
man die Erklärung darin suchen, daß sie, von Hans aus tüchtige Goldgräber, von Berichten
und Gerüchten über die Goldfelder des südlichen Böhmens angezogen worden sein
mochten, und in der That behaupten gewiegte Kenner des böhmischen Bergbaues, daß die
uoch heute sichtbaren großartigen Spuren des Bergbaues am Böhmerwalde auf weit
zurückliegende prähistorische Goldgewinnung hindeuten.
An dem Grenzwall, welcher das böhmische Keltenland im Norden umgibt, brache»
sich um das Jahr 120 v. Chr. die Wogen der in ungeheuren Massen heranrückenden
Cimbern. Da der Durchzug durch Böhmen von den Bojern weder gutwillig zugestanden
wurde, noch von den Cimbern mit Gewalt erzwungen werden konnte, wandte sich die
Völkermasse gegeu Osten und gelangte, Böhmen umgehend, durch die Lausitzer, schlesische
und mährische Ebene an die mittlere Donau.
Die Volcä, deren Namen in der Form Walchen, Wälsche, Vlasi noch heute fortlebt,
behaupteten noch zu Cäsars Zeiten (circa 50 v. Chr.) ihre hercynischen Wohnsitze, rechtliche
und tapfere Leute, wie sie Cäsar nennt, aber gleich dürftig wie die Germanen, von denen
sie sich zu jener Zeit weder in der Lebensweise noch in Kleidung unterschieden, ein Beweis,
wie nahe gerückt schon ihre völlige Verschmelzung mit dem deutschen Wesen war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch