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Die gesetzgebende Gewalt stand dem Landesfürsten im Verein mit den Vertretern
des Volkes zu. Ebenso das Recht der Kriegserklärung und der Friedensschließung. Die
richterliche Gewalt des Fürsten äußerte sich nicht so sehr im Rechtsprechen oder im Urtheilen,
was eine Prärogative der ordentlichen Gerichte war, als vielmehr in dem Schutz des
Rechtszustandes im Allgemeinen, in der Wahrung des Landfriedens, in der Ausführung
der Rechtssprüche und Urtheile, in der Übung der Gnade.
Die Landesgemeinde fand ihre Verkörperung in der Landesvertretung. So weit die
geschichtlichen Erinnerungen zurückreichen, stand dem Landesfürsten der Landtag (snem)
als eine von Zeit zu Zeit zusammentretende Versammlung zur Seite. Als vornehmste
Gegenstände, die dem Landtag vorbehalten waren, galten die Annahme und Jnthronisirung
des Landesfürsten, die Wahl des Landesbischofs, die Zustimmung zu Kriegszügen außer
Land, die Annahme allgemeiner Gesetze, die Rechtsprechung in Streitigkeiten über liegende
Güter und die Urtheilsfällung über Fürsten- oder Landesverrath. Der Versammlungsort
war in der Regel die Burg Prag oder Vysegrad, gelegentlich auch einer der fürstlichen
Burghöfe im Lande.
Im Landtage äußerte sich der Standesunterschied des Adels, welcher zweigetheilt
war, nämlich der höhere (leekove, päni) und der niedere (vläckz^). Die Theilnahme am
Landtage war durch Landbesitz bedingt. Die ersten und vornehmsten Räthe des Landes-
fürsten waren die Landeskmeten (kniete), deren Zusammenhang mit den Stammeshäuptern
der älteren Periode ziemlich klar ist. Doch bildeten die Kmeten kein ständiges Colleginm.
Zur Beglaubigung von Staatsschriften bedurfte es lediglich des Landessiegels,
welches das Bild des heiligen Wenzeslav als Landespatron trug. Das Siegel des
XIII. Jahrhunderts zeigt den Landespatron auf einem thronartigen Stuhl sitzend, in der
Rechten einen Speer mit flatterndem Fähnlein, die Linke auf einen adlertragenden Schild
gestützt. Verschieden vom Landessiegel war das persönliche Siegel des Landesfürsten,
welches jedoch gleichfalls das Bild und die Umschrift des Landespatrons trug. Das
Landeswappen zeigte ursprünglich, vielleicht schon von Wenzeslavs Zeiten her, einen
schwarzen Adler geflammt im weißen Felde. Der weiße doppeltgeschwänzte Löwe im rothen
Felde kam erst durch Premysl Ottokar II. auf, der dieses Bild zuerst in sein Personal-
siegel als Markgraf von Mähren aufnahm. Auch bei der Laudesfahne kommt die Ver-
ehrung des heiligen Wenzeslav zum Ausdruck; schon im XI. Jahrhundert mag man den
einfachen Speer des Heiligen als Palladium in den Krieg mitgetragen haben, seit 1126
war auf diesem Speer das Fähnlein des heiligen Adalbert angebracht. Diese Kriegsfahne
wurde in jenem Heerhaufen getragen, welchen der Burggraf der Prager Burg befehligte.
Das Landeseinkommen bestand in dem Erträgnisse der landesfürstlichen Güter, in
dem sogenannten Friedenstribut (mir), in Zöllen, Manthen, Markt- und Waldgebühren, in
Böhmen. 16
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch