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Der zweitnächste Fürst von Böhmen, welcher der Königswürde theilhaftig wurde,
war Vladislav II., ein kühner, kriegerischer Mann nnd ebenso klug und thatkräftig als
Politiker. Vladislav machte den zweiten allgemeinen Kreuzzug mit, wo er auf dem Rück-
wege Constantinopel, Kiew und Krakau kennen lernte. Folgenreicher war sein Anschluß
an Kaiser Friedrich, als dieser den Zug gegen Mailand unternahm. Noch vor Beginn der
Heerfahrt vom Kaiser mit der Königswürde bedacht, zog er mit einer kriegslustigen
Freischaar über die tirolischen Alpen in die Ebenen der Lombardie. Die Findigkeit und
Tapferkeit der Böhmen trug viel zu dem Gelingen des Unternehmens bei. Während des
feierlichen Dankgottesdienstes im Kriegslager vor Mailand setzte der Kaiser dem
Könige eine kostbare Krone auf das Haupt und überhäufte ihn auch sonst mit Gnaden-
bezeugungen. Im Jahre 1160 unternahm Vladislav einen Kriegszug nach Ungarn, um
dem König dieses Landes gegen die Byzantiner Hilfe zu bringen.
Mit dem XIII. Jahrhundert begann die glanzvollste Periode der Premysliden-
Herrfchaft in Böhmen. Glückverheißend war schon der Schluß des XII. Jahrhunderts, als
die beiden Brüder Premysl Ottokar I. und Vladislav Heinrich zum Wohl des Vater-
landes ihren Fehden ein Ende machten und sich dahin einigten, daß Premysl Landesfürst
von Böhmen und Haupt der Herrscherfamilie fein sollte, während Vladislav als Markgraf
Mähren behielt. Premysl Ottokar I. erwarb die Königswürde, die bis dahin blos eine
persönliche war, seinem Hause für immer, denn auch das Oberhaupt der Kirche anerkannte
fortan das böhmische Königthum (1204). Kaiser Friedrich II. bestätigte es 1212 für alle
folgenden Zeiten. Hierbei erhielten die bisherigen Verpflichtungen Böhmens an das Reich
eine andere, die größere Selbständigkeit des neuen Königreichs gewährleistende Form;
doch blieb die Bestätigung des vom Lande gewählten Königs dem Kaiser vorbehalten.
Zum großen Vortheil des Landes wurde die Seuioratserbsolge eudgiltig abgeschafft und
kam fortan die Nachfolge der Erstgeborenen zur Geltung.
Je weniger abhängig übrigens Böhmen vom Reiche war, desto lebhafter wurden die
Wechselbeziehungen derselben, auf welche die verwandtschaftlichen Verhältnisse zwischen den
Herrscherfamilien einen nicht geringen Einfluß übten. Mit Beginn des XIII. Jahrhunderts
hebt der Zuzug deutscher Elemente in Böhmen und Mähren an, die Anfänge deutschen
Städtewesens machen sich mit Macht bemerkbar, der königliche Hof, der Adel, der Regular-
clerus nehmen mehr und mehr deutsche Sitten an, zumalKöuig Wenzel I.,Premysls ältester
Sohn und Nachfolger, der deutschen Hohenstauserin entsprossen, ein entschiedenerFörderer
des Deutschthums war. Dabei erlangte das Land durch tiefen Frieden, durch seine reichen
Naturschätze, sowie durch den lebhaft betriebenen Handel einen ungeahnten Aufschwung.
Da, mitten im tiefsten Frieden, brach der Tatarensturm los. Unter Batn, einem
Enkel Dschinggischans, drangen die grausigen Asiaten in ungezählten Mengen in das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch