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Das frische böhmische Heer vor sich sehend, wandten sich die Tataren plötzlich längs
des Riesen- und Sudetengebirges seitwärts gegen Mähren. Der König verweilte noch an
der Polengrenze, denn dem so schnellen Abzug der Tataren war nicht zu trauen, da es
ihre Kriegsfinte war, zu verschwinden, um unversehens wie der Blitz wieder da zu sein. Von
Mähren aus, welches in schrecklicher Weise verwüstet wurde, suchten die Tataren den Ein-
bruch in Böhmen zu bewerkstelligen, doch gelang es ihnen hier ebensowenig wie vordem im
Nordosten, zumal auch schon frische Truppen aus Böhmen unter der Führung Jaroslavs
(Jaros) gegen die hartgedrängte Slavenburg und junge deutsche Colonistenstadt Olmütz
eilten. Bei Olmütz kam es zu einer Schlacht, in welcher der tatarische Fürst Baidar
getödtet wurde. Wuthentbrannt über diesen Verlust überlieferten die Tataren die Pfleger
und Hüter ihres Fürsten, da ihn diese nicht genug geschützt, dem Feinde und zogen rasch
durch das Landesthor von Ungarisch-Brod nach Ungarn ab. König Wenzel kam in Person
nach Mähren und einigte sich hier mit Friedrich dem Streitbaren von Österreich, um den
gemeinsamen Feind zu bekämpfen, welcher Miene machte, sich dauernd in dem besiegten
Ungarlande seßhaft zu machen. Zum Glück verließen die Tataren das Land schon im
Jahre 1242; der Westen Europa's war eine furchtbare Sorge los. Dem König Wenzel
aber gebührt die Anerkennung der Welt, daß er mit allen seinen Kräften die Gefahr
abzuwenden bemüht war.
Der Stern P r emy s l OttokarsII. war noch zu Lebzeiten seines Vaters aufgegangen.
Als Markgraf von Mähren und als jüngerer König von Böhmen erlangte er im fried-
lichen Wege das Herzogthum Österreich (1251) und sicherte sich den Anspruch auf das
Babenberg'fche Erbe durch seine Vermälung mit Margaretha (1252). Als König von
Böhmen (1253) gelangte er alsbald in den Theilbesitz des Herzogthums Steiermark. Sein
ritterlicher Sinn ließ ihn 1254 den Kreuzzug nach dem noch immer heidnischen Preußen-
land (Samland) unternehmen, wo die Gründung der deutschen Ordensburg Königsberg
an ihn, den König, erinnert.
Durch den glänzenden Sieg, welchen Premysl 1260 bei Kroisseubrunn an der
österreichischen March über die Ungarn erfocht, gelangte der König in den vollen Besitz
des Herzogthums Steiermark. Dieser Sieg im Verein mit dem Glanz, den der pracht-
liebende König entwickelte, verschafften ihm einen weit über die Grenzen seines Reiches
hinausreichenden Ruhm; das Abendland nannte ihn ob seines Reichthums den „goldenen",
die Tataren, deren Chan aus dem Innern von Rußland Gesandte zu ihm nach Prag
sandte, den „eisernen König".
Zu Ottokars vollem Glück fehlte ihm ein Leibeserbe; dies bestimmte ihn zur
Trennung seiner Ehe mit Margaretha von Babenberg-Österreich; er heiratete die russische
Prinzessin Kunigunde (1261).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch