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daher von den Prälaten seiner Länder und der Prager Universität vollständige Neutralität
den beiden Päpsten gegenüber. Der Prager Erzbischos Zbynek Zajic von Hasenburg
blieb jedoch Gregor XII. treu und an der Universität erklärte sich von den vier Nationen
nur die böhmische für die Neutralität, während die gleichfalls dem römischen Papst
anhängenden drei anderen Nationen, die baierische, sächsische und polnische wider-
sprachen, so daß ein Beschluß nicht zustande kam. Als Wortführer der böhmischen Nation
trat bei dieser Gelegenheit Johann von Hnsinec, kurz Hus genannt, hervor, seit
1396 Magister der freien Künste und seit 1402 Prediger an der Bethlehemskapelle in
Prag, in welcher Eigenschaft er ebenso wie frühere Prager Sittenprediger (Konrad von
Waldhauser, Milic von Kremsier n. A.) die kirchlichen Mißbräuche, sowie die Sitten-
losigkeit der Geistlichkeit oft eifrigst gerügt und überdies Lehren aus den ihm bekannt
gewordenen Schriften des Engländers John Wieliff verbreitet hatte. Hus und die meist
gleichfalls wicliffitifch gesinnten Magister der böhmischen Nation benutzten den Ärger
König Wenzels über die ihnen auch als Gegner Wicliffs verhaßten deutschen Magister,
um durch Nikolaus von Lobkowitz, einen Günstling des Königs, diesen zum Erlaß eines
Decrets zu veranlassen, welches das bisherige Stimmenverhältniß der Nationen an der
Universität umkehrte, indem es der böhmischen Nation drei Stimmen, den drei übrigen
Nationen aber zusammen nur eine Stimme zutheilte. Diese Maßregel war in mehrfacher
Beziehung ungerecht: einerseits waren die drei deutschen Nationen an Kopfzahl der
böhmischen vielfach überlegen, andererseits hatte die Selbstverwaltung aller damaligen
Universitäten bisher so fest gestanden, daß Eingriffe der Landesregierungen oder gar
Umsturz der autonomen Statuten durch dieselben völlig unerhört waren. Die Deutschen,
durch den Gewaltstreich des Königs schwer getroffen, machten vergebens den Vorschlag,
die Universität in zwei Theile zu scheiden, von welchen einen die drei Nationen der
Deutschen, den andern die Cechen bilden sollten. Daher verließen, nachdem Nikolaus
von Lobkowitz mit bewaffneten Begleitern im Namen des Königs dem damaligen Rector
Universitätssiegel, Matrikel und Schlüssel abgenommen hatte, die deutscheu Magister
und Studenten Prag im Sommer 1409, worauf sich der isolirte Prager Erzbischos sammt
seinem Elerus dem auf dem Concil zu Pisa gewählten Papst Alexander V. unterwerfen
mußte. Über Hus aber, der das erzbischöfliche Verbot, zu predigen, unbeachtet gelassen
und an den Papst appellirt hatte, verhängte der Erzbischos trotz Verwendung König
Wenzels im Juni 1410 die Excommnnication. Dasselbe that im Februar 1411 Papst
Johann XXIII., Nachfolger Alexanders V., weil Hus ungeachtet der an ihn ergangenen
Citation an die päpstliche Curie nicht erschienen war. Als im Mai 1412 die Bulle
Johannes' XXIII., die zum Kreuzzug gegen König Ladislaus vou Neapel, die Haupt-
stütze Gregors XII., aufrief und Allen, die dazu Geld hergeben würden, Ablaß verlieh,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch