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in Prag verkündet wurde, erklärte Hus in öffentlicher Disputation, daß Ablaß nie gegen
Geld verliehen werden dürfe, sowie daß der Papst überhaupt nicht Ablaß ertheilen könne,
sondern nur Gott allein; die Ablaßbulle wurde durch einen Günstling König Wenzels
öffentlich verbrannt. Hus, der Ende 1412 das mit dem Jnterdict belegte Prag verlassen
mußte, verbreitete hierauf die Lehren Wicliffs durch Abfassung von Streitschriften in
lateinischer und cechischer Sprache, die sich zumeist als Auszüge aus den zahlreichen
Werken Wicliffs darstellen. Wie letzterer erklärte Hus die Bibel als alleinige Glaubens-
quelle, leugnete den Primat des Papstes, den Unterschied zwischen der bischöflichen und
priesterlichen Gewalt, die Nothwendigkeit der Ohrenbeichte, befürwortete die Wegnahme
weltlicher Güter der Kirchen im Falle ihres Mißbrauches durch die Priester und behauptete,
daß man einem Prälaten oder weltlichen Herrn, der in Todsünden lebe, nicht zu gehorchen
brauche. Vom römischen König Siegmund, dem Nachfolger des im Mai 1410 ver-
storbenen Königs Ruprecht, ließ sich Hus bewegen, im October 1414 sich zu dem behufs
Beilegung der Kirchenspaltung von Johann XXIII. nach Constanz einberufenen Concil
zu begeben, um sich wegen des Vorwurfes der Ketzerei zu rechtfertigen. Hier wurde er auf
Betreiben einiger ihm feindlichen cechischen Collegen von der Prager Universität, die
gleichfalls nach Constanz gekommen waren, mit Verletzung des ihm von Siegmund
ertheilten Geleitsbriefs zuerst im Kloster der Predigermönche, dann im bischöflichen
Schlosse Gottlieben eingekerkert. Im öffentlichen Verhör erklärte er, sich nicht bewußt zu
sein, daß er einen Irrthum gelehrt habe, und nur dann widerrufen zu wollen, wenn man
ihn durch Stellen aus der Schrift und den ältesten Kirchenvätern widerlege, worauf ihn das
Concil als hartnäckigen Ketzer dem Feuertod überlieferte (6. Juli 1415). Auf Betreiben
der erwähnten cechischen Magister ward auch dem Freunde des Hus, Hieronymus von
Prag, der Proceß gemacht und derselbe am 30. Mai 1416 verbrannt.
Die Nachricht vom Feuertod des Hus erregte in Böhmen sowohl beim gemeinen
Volke als beim Adel ungeheuere Erbitterung. Man vertrieb die katholischen Priester und
ersetzte sie durch husitische und der Adel nahm den Prälaten ihre Güter weg. Im
September 1415 fand eine Versammlung von 69 böhmischen und mährischen Herren in
Prag statt, welche ein leidenschaftliches Schreiben an das Concil richtete, worin dasselbe
beschuldigt ward, Hus ungerecht verurtheilt zu haben; an dieses Schreiben hingen
452 Adelige zum Zeichen ihrer Zustimmung ihre Siegel an. Die Mitglieder der Prager
Adelsversammlung verpflichteten sich ferner, der Gewalt des Papstes und der Bischöfe nur
dann Folge zu leisten, wenn sie der heiligen Schrift gemäß verfahren würden, sonst aber sich
ail die Aussprüche der Prager Universität zu halten. Gegen diesen husitischeu Herrenbund
bildete sich alsbald ein katholischer, dem aber nur 14 Herren angehörten. Da König
Wenzel sich gleichgiltig verhielt, so blieb die Citation der 452 Adeligen wegen Verdachtes
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch