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Diese Einfälle in denlsche Länder veranlaßten noch zwei Züge deutscher Reichs-
söldnerheere unter Führung des Kurfürsten Friedrich von Brandenburg nach Böhmen.
Das eine drang im Jahre 1427 bis Mies vor, das andere 1431 bis Tachan, jedoch
beidemal ergriffen die feigen gemiethete« Kriegsknechte beim Heranzug der Husiteu uuter
Prokop die Flucht. Als somit jede Hoffnung anf Sieg durch Waffengewalt verschwunden
war, sah sich das vom Papst uugeru nach Basel einberufene Concil genöthigt, selbst die
Hnsiten einzuladen, Gesandte zu Verhandlungen über ihre kirchlichen Forderungen und
über Abschluß eines Waffenstillstandes nach Basel zn schicken. Letzterer wurde vom
böhmischen Landtag abgelehnt, weil die Taboriten und Waisen von ihren Raubzügen
in die Nachbarlande nicht ablassen wollten, dieselben vielmehr in den Jahren 1431 bis 1433
noch weiter, bis in die Zips und an die Ostsee ausdehnten. Was aber die kirchlichen
Forderungen betrifft, so wurden zwischen Prag nnd Basel wiederholt Gesandtschaften
gewechselt, bis die Mehrheit eines böhmisch-mährischen Landtages zu Prag die bisher
vereinbarten Präliminarien, „Compactaten" genannt, annahm (November 1433),
in welchen aber eigentlich nur ein Zugeständniß gemacht war, das des Abendmahls
unter beiden Gestalten; doch war daran die Bedingung geknüpft, daß die Priester den
so Communicirenden sagen sollten, daß das Abendmahl ebenso gut unter einer Gestalt
empfangen werden könne. Da die Taboriten aber weder die Compactaten annehmen,
noch ihre Kriegerrotten auflösen wollten, so schloß der Adel, welcher durch das Aufkomme«
dieser demokratischen Parteien an Ansehen und Einfluß eingebüßt hatte, mit der Prager
Altstadt im Frühjahr 1434 einen Bund, um die Taboriten zur Unterwerfung zu zwingen.
Anfangs Mai gelang den Verbündeten die Erstürmung der taboritischen Prager Neustadt,
die Entscheidungsschlacht aber ward geschlagen am 30. Mai bei dem Dorfe Lipan (in der
Nähe von Böhmisch-Brod), wo die Herren den Taboriten eine vollständige Niederlage
beibrachten, viele tausend derselben niedermetzelten und verbrannten.
Ruhe trat trotzdem nicht ein. Mehrere Landtage verhandelten über einen endgiltigen
Frieden mit dem Concil und Siegmund (der am 31. Mai 1433 zu Rom die Kaiserkrone
empfangen), wobei die Utraqnisten auf Betreibe» des einflußreichen Teinpfarrers Magister
Johann von Rokyca na neue Forderungen an das Concil stellten, auf welche dieses jedoch
nicht einging, sowie es auch die Wahl Rokycana's zum Erzbischof vou Prag nicht bestätigte.
Erst nachdem Siegmund versprochen hatte, für Rokycana's Bestätigung Alles aufbieten
zu wollen, vollständige Straflosigkeit für alles Geschehene zu gewähren, die Compactaten
zu halten, die vertriebenen Mönche, Nonnen und Deutschen nicht zurückzuführen, Niemand
znr Rückerstattung der geraubten Güter zu nöthigen, endlich nur an Cechen Ämter zu über-
tragen, wurden auf dem Ig lau er Landtage (5. Juli 1436) die Compactaten beschworen
nnd die Utraqnisten vom Kirchenbann befreit. Mit dein größten Theil der Taboriten schloß
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch