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Siegmund im November einen Vertrag, demgemäß sie sich bezüglich der religiösen Fragen
dem Ausspruch von vier Magistern und Priestern unterwarfen; die widerspänstigen Reste
der Taboriten überlieferte er dem Galgen. Am 12. April 1437 wurde endlich in der
Corporis Christi-Kapelle der Prager Neustadt feierlich bekannt gemacht, daß „die unter
beiden Gestalten die Communion empfangenden Böhmen und Mährer echte Söhne der
Kirche seien", wie zwei aus jener Kapelle herrührende, jetzt im böhmischen Museum
befindliche Inschriften (eine lateinische und eine cechische) besagen, von denen die erstere
folgendermaßen lautet:
M n n o Äni M' rrrr rri-vll Fvian Tiburri/ <
E r l ang M n o m m legatis S ig ismund»
Aingwis yir qtuor lmrr ra kd-s larrAmrti
O m a lud sperir muÄi rlaruit tat apertr
lut Sachalin r^iisti ra l in pot imtrs .
Die eiugegaugeuen Verpflichtungen brach Siegmund, dessen hervorstechendster
Charakterzug Treulosigkeit war, nur zu bald. Er trieb mit Rokycana doppeltes Spiel,
indem er sich öffentlich für ihn verwendete, heimlich aber gegen ihn wirkte, so daß seine
Bestätigung als Erzbischof unterblieb; er ließ ferner vertriebene Mönche und Nonnen ihre
Klöster wieder beziehen und bevorzugte bei Besetzung der Ämter die Katholiken und die
katholisirende Fractiou der Utraquisteu, deren Führer Magister Johann Pribram war.
Abermals hatte sich große Unzufriedenheit und Aufregung der Utraquisten und Taboriten
bemächtigt; da starb Siegmund (9. December 1437) zu Zuaim mit Hinterlassung einer
Tochter Elisabeth, Gemalin Herzog Albrechts V. von Österreich, die nach dem Erb
solgegesetz Karls IV. von 1348 den böhmischen Thron erbte.
Die Folgen der husitischeu Revolution waren theils nationaler, theils social-politischer
Art. Während jene, wie bereits erwähnt, das Dentschthnm größtentheils vernichteten,
hatten unter diesen auch die großen Massen des cechischen Volkes selbst Jahrhunderte lang
zu leiden. Die social-politischen Folgen bestanden nämlich in der Stärkung der schon früher
viel zu stark gewesenen Adelsmacht, der gegenüber selbst Karl IV. ohnmächtig gewesen war,
und in der Entwicklung einer starren Adelsoligarchie, welche nicht nur die gesetzgebende,
sondern großentheils auch die Regierungsgewalt an sich riß und nur mehr eine schwache
Krone neben sich dulden wollte. Durch die Vernichtung des deutschen Bürgerthums und
der katholischen Geistlichkeit, welche mit ihren Gütern auch Sitz und Stimme auf dem
Landtage verlor, arbeiteten die unteren, besonders bäuerlichen Volksclassen dem Adel vor-
trefflich in die Hände, verhalfen ihm zur politischen und socialen Allmacht, ernteten aber
dafür als Lohn nichts als immer tieferes Versinken in recht- und schutzlose Leibeigeuschaft.
Böhmen. IN
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch