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seinen jüngeren Sohn Karl zum König erwählen würden. Aber das Endresultat des
Wahltages war ein ganz anderes. Wie in Ungarn kurz vorher mit Außerachtlassung aller
übrigen Candidaten ein Edelmann aus einem einheimischen Geschlechte, Matthias Corvinns,
auf den Königsthron erhoben wurde, so geschah es auch in Böhmen, wo am 2. März
1458 auf dem Altstädter Rathhaus in Prag mit Stimmeneinhelligkeit der bisherige
Landesverweser Georg von Podebrad uud Kuustatt zum König ausgerufen
wurde. Es war der katholische Herr Zdenko von Sternberg, welcher nnter allen der Erste
im Altstädter Rathhaussaale den Ruf erhob: „Es lebe Georg, König von Böhmen!"
In Böhmen weckte diese Wahl allgemeine Begeisterung, dagegen sträubten sich
die mährischen Städte Brünn, Olmütz, Jglau uud Znaim; der größte Widerstand
gegen den „ketzerischen" König entfachte
sich in Schlesien, und zwar vornehmlich in
Breslau. Dieser Widerstand fußte neben
dem religiösen Hintergrunde auch auf
politischen Ursachen. Die Breslauer redeten
sich in die Opposition gegen Georg in einer
Art hinein, welche eine kühle Erwägung
ganz und gar nicht zuließ. Georg war nach
ihren Worten „ein zweiter Nero, ein
reißender Wolf, der große Drache". Treffend
bemerkt dazu einer der ausgezeichnetsten
schleichen Geschichtschreiber (KolmarGrüu-
hagen): „Die Breslauer thaten angen-
Staatssiegel des Königs Georg von Podöbrad.
scheinlich Georg Podebrad schweres Unrecht.
Dieser war durchaus kein Fanatiker weder in religiöser noch in nationaler Hinsicht, es
fehlte ihm weder an Einsicht und Mäßigung, noch an Euergie, und die Breslauer hätten
vielleicht bei einigem guten Willen mit ihm in ein für das Land gedeihliches Verhältniß
kaum minder gut kommen können, wie mit weiland Karl IV. Aber bei der Aufregung, die
hier herrschte, war von so etwas keine Rede."
Diese leidenschaftlichen Ausbrüche waren in erster Reihe Ursache, daß die Wahl
Georgs einen neuen Religions- und Bürgerkrieg in dem so schwer geprüften Lande
bedentete. Vorläufig hatte es wohl den Anschein, daß alles in Güte ablaufen werde. Georg
wurde am 7. Mai 1458 vom Raaber Bischof Augustin feierlich gekrönt, aber vor der
Krönung mußte er einen Eid schwören, dessen Inhalt derart war, daß er zu der Annahme
Anlaß gab, als ob Georg sich darin vom Husitismns losgesagt hätte. Es ist aber auch eine
andere Interpretation möglich, ja es scheint sogar zweifellos zu sein, daß die Eidesformel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch