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Commando über dasselbe betraut. Wie Wallenstein diese Aufgabe löste, welchen Druck er
auf Deutschland übte, um das Heer, das immer zahlreicher wurde, zu erhalten und sich
selbst zu bereichern, ist weltbekannt. Bei den geknechteten Protestanten und bei den von
ihm gleicherweise ausgebeuteten Katholiken machte sich ein Haß gegen ihn geltend, der alles
Maß überstieg. Man beschuldigte ihn der abenteuerlichsten Pläne, darunter, daß er nach der
Herrschaft über Deutschland strebe, im Fall der Kaiser sterben würde. Kein protestantischer
Fürst hielt sich vor ihm sicher, nachdem ihm Ferdinand als Lohn für die geleisteten Dienste
und als Zahlung für gemachte Vorschüsse das Herzogthum Mecklenburg, dessen Besitzer
wegen ihrer Verbindung mit dem König von Dänemark ihres Landes verlustig erklärt
wurden, übertragen hatte. Als nun der Kaiser im Jahre 1630 den Kurfürstentag nach
Regensburg berief und auf demselben die Wahl seines Sohnes zu seinem Nachfolger, die
Erhaltung seines Heeres auf Reichskosten und eine engere Verbindung mit den Reichs-
fürsten behufs Bekämpfung von Frankreich, Holland und Schweden durchsetzen wollte,
ließen sich die Kurfürsten, mit Maximilian von Baiern an der Spitze, in keine Verhand-
lungen über diese Punkte ein, so lange er nicht Wallenstein das Commando abgenommen
und einem Manne übertragen haben würde, zu dein man Vertrauen haben könnte. Der
Kaiser mußte nachgeben und Wallenstein in dem Augenblick entlassen, als Gustav Adolf
seinen Fuß auf deutschen Boden setzte.
An Wallensteins Stelle übernahm Tilly das Commando, aber obwohl er auch das
ligiftische Heer befehligte, erlitt er doch gegen den Schwedenkönig, dem sich auch eine
Anzahl protestantischer Reichsfürsten, darunter die Kurfürsten von Sachsen und Branden-
burg angeschlossen hatten, eine entscheidende Niederlage bei Breitenfeld (am 17. September
1631). Nach der Schlacht bereitete der Kurfürst von Sachsen einen Einfall in Böhmen
vor; seine Truppen rückten am 15. November ohne Widerstand in Prag ein, da sich die
kaiserliche Besatzung vor ihrer Ankunft nach Tabor zurückgezogen hatte. Die Gefahr stieg
derart für den Kaiser, daß er sich sogar in Wien nicht mehr für sicher hielt, weil auch
ein Angriff seitens des Fürsten von Siebenbürgen Georg Räköezy zu befürchten stand; in
seiner Umgebung sprach man von der Nothwendigkeit einer Flucht nach Italien. Mit den
Sachsen kehrten einige Tausend böhmische Emigranten in ihre Heimat zurück und
bemächtigten sich zahlreicher, ihnen früher zugehöriger Güter; mit ihnen kam auch ein
Theil der vertriebenen Geistlichkeit, setzte sich in der Teynkirche in Prag fest und richtete hier
den Gottesdienst nach dem Bekenntniß der böhmischen Confession ein. Die Zurückgekehrten
gaben sich dem Wahn hin, daß jetzt die Zeit der Wiederabrechnung gekommen und die
Herrschaft des Kaisers zu Ende sei. Die Schädel der am 21. Juni 1621 Hingerichteten,
die seitdem auf dem Altstädter Brückenthurm aufgesteckt waren, wurden in feierlicher Weise
in der Teynkirche bestattet. Nur das trübte die Freude der Exulanten, daß der Kurfürst von
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch