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Widerstandskraft des österreichischen Kaiserstaates lähmen wollte, wohl auch das Product
unsäglichen Aberglaubens der Menge und bodenloser Verlänmduug gegen den Hof
anläßlich der damals in Böhmen herrschenden Pest, wenn 1680 in Böhmen ein weitver-
zweigter Bauernaufstand losbrach, der unberechenbaren Schaden am Eigenthum mit
sich brachte. Die Regierung, übel berathen, dachte anfänglich an Strenge und ließ die
Abgesandten derBaueru, welche über die Grafen Gallas und BredanKlage führen wollten,
in Haft nehmen. Als aber dann nicht blos die Bauern in Ostböhmen sich in großer Zahl
zusammenscharten, sondern auch im Bunzlauer, Leitmeritzer und Elbogner Kreise eine
bedenkliche Bewegung entstand, wurden zwar die Generale Piecolomini und Harant mit
Truppenabtheilungen gegen die Aufständischen beordert, aber mehr noch als durch Waffen-
gewalt wurde durch Freilassung der Gefangenen, durch Zusage einer vollkommenen
Amnestie und vor Allem durch Erleichterung des Frohndienstes die Empörung beendet.
Leider war diese Erleichterung nur gering und auch bald wieder vergessen.
Geschah so für den Bauernstand allzuwenig, so blieben auch Handel und Gewerbe,
Bergbau und Industrie, die nach dem großen Kriege völlig darniederlagen, ohne die
gewünschte Förderung. Der einst so wichtige Salzhandel ging zurück und der „goldene
Steig" verödete, da sich die Regierung entschloß (1692), die Salzeinfuhr aus Baiern nur
gegen einen Zoll zu gestatten. Wie sollte aber auch der Kaiser die Mittel zur Förderung von
Industrie und Handel aufbringen, wenn nicht blos in der ersten Zeit nach Herstellung des
Friedens, sondern noch lange darnach die Geldnoth so groß war, daß selbst die Bezahlung
der rückständigen Beamten- und Professorengehalte unmöglich war? Wie sollte er das in den
Kriegsjahren Unterlassene nachholen, wenn nach kurzen Jahren des Friedens immer neue
Kämpfe mit Türken und Franzosen und Verwicklungen der schwierigsten Art seine Mittel in
Anspruch nahmen? Wie anderswo, so entbehrte auch in Böhmen die Staatsgewalt, obgleich
mit den weitgehendsten Befugnissen ausgestattet, doch wieder der eigenen Organe, um ihren
Willen rasch und sicher zur Geltung zu bringen. Der ständische Regierungsapparat fuuetio-
uirte weiter wie zuvor, aber ohne aus freier Selbstthätigkeit Ersprießliches schaffen zu können.
Die autonome Vertretung des Landes, der Landtag, war beinahe ohne jede Bedeutung,
auch die Initiative, die Kaiser Ferdinand III. 1640 den Ständen zurückgab, nur von der
bescheidensten Art. Wenn sie erst die kaiserliche Proposition an den Landtag nach seinem
Willen erledigt, „dann und eher nicht", sagt der Kaiser, „dürften sie sich in geringeren
Sachen, die da Unser Person, Hoheit, Autorität und Regalien nicht betreffen, mit einander
bereden"; jedoch — „daß ehe und zuvor sie dergleichen Unterredung ansahen, sie solches
Uns, da Wir zur Stelle, oder Unsern königlichen Landtagscommissarien vorher vortragen".
Noch in dieser Periode sank auch das Steuerbewilliguugsrecht fast zu einer leeren
Form herab, ja es wurde den Ständen sogar prinzipiell bestritten. Nachdem nämlich schon
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch