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Dadurch und in Folge der sehr großen Leistungen für die eigenen Truppen, die
hier auch regelmäßig (1761 und 1762 allein ausgenommen) ihre Winterlager hatten, litt
Böhmen ungeheuer. Trotzdem und obwohl die Lage der Landbevölkerung ohne gründliche
Abhilfe sich schwer bessern ließ, erholte sich das Land nach dem Frieden (1763) rasch
wieder. Bei der Volkszählung 1770 zählte man 244 Städte, 307 Marktflecken,
11.284Dörfer, 389.135Wohnhänfer, die männliche Bevölkerung betrug 1,194.999Köpfe,
darunter 218.277 zum Kriegsdienst taugliche, die Zahl aller Einwohner etwa 2,400.000,
im Jahre 1780 2,563.527.
Auch der siebenjährige Krieg hatte die Reformthätigkeit der Monarchin nicht gänzlich
zum Stillstand gebracht; nach Herstellung des Friedens wurde sie mit doppelter Energie
aufgenommen. Aber gerade in dem, was das dringendste war, der Besserung der Lage
der Bauernschaft, kam man bei der Meinungsverschiedenheit über Mittel nnd Wege
allzulang nicht vorwärts. Die Mißernten der Jahre 1770 und 1771, die darauffolgende
große Noth, bei welcher schließlich die Regierung mit den Vorräthen der Militärmagazine
und durch Vorschüsse nachhalf und der Erbprinz Josef, seit des Vaters Tode 1765 bereits
Deutscher Kaiser, sich persönlich in Böhmen als Wohlthäter der Armen zeigte, dann die
harte Behandlung der Bauern bei der Rekrntirnng — Böhmen war 1766 in 14 Werbe-
bezirke eingetheilt worden — erzeugten unter ihnen eine bedenkliche Gährnng, welche durch
eine Ermäßigung der Grundsteuer und der Leistungen an die Gutsherrschaften, sowie durch
Abstellung von Mißbräucheu bei der Jagd nicht beschwichtigt werden konnte. Schließlich
verdichtete sich die Thatsache, daß die Stände den Absichten der Monarchin hartnäckigen
Widerstand leisteten, bei den Bauern zu der weitverbreiteten Meinung, die Regierung
habe zwar ein für sie weit günstigeres Patent erlassen, es sei aber von den Ständen
zurückgehalten worden. Und seit Beginn 1775 trat in mehreren Gegenden, im Brauuauscheu,
in den oberen Elbe- und Jsergegenden, dann um Leitmeritz, Saaz, Falkenan an der Eger,
auf der Herrschaft Kouopischt u. f. w. bei den Bauern der Entschluß hervor, sich das echte
Patent und überhaupt Erlösung aus der grausamen Noth mit Gewalt zu verschaffen.
Das schlug natürlich zu ihrem Nachtheil aus. Die Ruhe kehrte aber erst wieder zurück,
als ein neues Robotpaten t (vom 4. September 1775) feierlich bekannt gemacht wurde,
das abermals einige Erleichterungen bot. Auf den landesherrlichen Kammergütern wurden
damals die Frohnen gegen einen Grundzins abgeschafft, die Hoffnung aber, daß dies
Beispiel Nachahmung finden werde, erfüllte sich nicht.
Rascher und gründlicher wnrden die Reformen auf anderen Gebieten — stets für
die deutsch-österreichischen Länder, dann für Böhmen, Mähren und Schlesien gleichmäßig —
durchgeführt. Bisher gab es inBöhmen 378 städtische und grundherrliche Gerichte, die auch
die Kriminaljustiz übten. Nun wurde der großen Mehrheit derselben die Strafgewalt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch