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in Kriminalsachen entzogen und diese 24 Kriminalgerichten zugewiesen, für deren Besetzung
mit rechtskundigen Richtern die Regierung Sorge trug (22. Juli 1765). Sie urtheilten
seit 1768 nach dem neu angelegten Kriminalgesetzbuche. Für die Interessen der Landes-
kultur und des Handels Böhmens sorgte die Monarchin weiter durch die Errichtung eines
Commerzeonsesses in Prag, unter welchem Commerzcommissäre in den einzelnen Kreisen
standen, durch Herstellung von gleichen Maßen und Gewichten, Ausbesserung der Straßen
und directe Unterstützung einzelner Industriezweige, zum Beispiel der Spitzenklöppelei
im Erzgebirge. Besondere Aufmerksamkeit widmete man dem Bergbau, sowie denn in
Prag bereits 1762 und 1763 eine Bergakademie errichtet wurde, welche aber die Monarchin
1772 nach Schemnitz in Ungarn verlegte.
Mit den deutsch-österreichischen Landschaften gemeinsam gewann Böhmen auch bald
seine staatliche Volksschule, nachdem bereits vordem tüchtige Männer auf dem Gebiete
des niederen Unterrichts thätig gewesen waren (Kindermann). Die Schulen Böhmens
gliederten sich in Normal-, Haupt- und Trivialschulen, in denen mit Ausnahme der
letzteren nur in deutscher Sprache unterrichtet wurde. Bezüglich der Gymnasien war ein
gleiches bereits 1752 verfügt worden. An die Prager Hochschule aber wurde zuerst 1763
der Schlesier Karl Th. Seibt zum außerordentlichen Professor der sogenannten schönen
Wissenschaften mit der Weisung berufen, in deutscher Sprache vorzutragen, sowie denn
die Pflege der deutschen Literatur an der Hochschule und in Böhmen überhaupt immer
mehr Aufnahme fand. Von höchster Bedeutung für das wissenschaftliche Leben an der
Universität wie für das gesammte Schulwesen Böhmens ward dann die Aufhebung des
Jesuitenordens (1773). Ihr Vermögen, in Böhmen auf acht Millionen geschätzt, bildete
den Grundstock des böhmischen Studienfonds für Zwecke der Kirche und des mittleren und
höheren Unterrichts. Ihre Stellen an der Universität wurden geistlichen oder weltlichen
Professoren zu Theil. An den Gymnasien waren die Piaristen ihre Nachfolger, denen
die oberste Schulcommission in Wien zugleich eine neue Unterrichtsverfassung an die Hand
gab (1774).
Gegen das Ende ihrer Regierung sah sich die große Kaiserin nochmals in einen Krieg
mit dem alten Gegner Friedrich II. von Preußen verwickelt, als dieser ihren Ansprüchen
auf Theile von Baiern entgegentrat. Wieder mußte man schon zufolge der geographischen
Lage Böhmens besorgen, daß die Schrecken des Krieges dieses Land treffen würden,
und hier war es auch, wo sich die Heere Österreichs, die Hauptarmee unter Kaiser Josef bei
Königgrätz, eine zweite unter General Laudon in Nordböhmen, versammelten. Aber es kam
zu keinem großen Kampfe, und schon am 13. Mai 1779 machte der Friede von Teschen,
in welchem Österreich das Jnnviertel von Baiern gewann, der Verwicklung ein Ende.
Böhmen hatte für das Jahr 1778 10.000, für das Jahr 1779 20.000 Rekruten und sehr
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch