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da die Hauptsteuer des Laudes, die Militärcontribution, vor 1765 dauernd geordnet war.
Schon war ja auch die Zeit darnach, die alten Stände als Kasten, nicht als Volksvertretung
erscheinen zu lassen, denen die nachhaltige Kraft zur Erhaltung, geschweige denn zur Mehrung
ihrer Rechte abging. Sie zeitgemäß zu regeneriren, was unzweifelhaft Kaiser Leopolds
Absicht war, blieb ihm leider die Muße nicht beschieden. Mit der Krönung des Kaisers zum
König von Böhmen (6. September 1791) war für ihn hier die Reihe der Zugeständnisse
abgeschlossen; ans ihr Petitum vom Februar 1790 erhielten die Stände keine Antwort.
Aber nicht blos durch verfassungsrechtliche Acte, sondern auch sonst ist Leopolds II.
kurze Regierung für Böhmen bedeutsam geworden. Die Hochschule und das ganze Studien-
wesen des Landes erhielten eine freiere Organisation. An seineSpitze trat der Stndienconseß,
gebildet von je einem Vertreter der vier Facnltäten, der Gymnasien und der Hauptschulen
Böhmens unter dem Vorsitz des Universitätsrectors. Sein Wirkungskreis einer-, sein
Verhältniß zu dem Guberuium und der Studieuhofcommission anderseits wurde genau
bestimmt, in einzelnen Fällen behielt sich der Kaiser selbst die Entscheidung vor. Die
verheißene Professur für böhmisches Staatsrecht und jene für böhmische Sprache und
Literatur wurden freilich erst (im Jahre 1792 resp. 1793) nach Leopolds Tode eröffnet.
Inmitten der gewaltigen Stürme, welche die Revolution in Frankreich entfesselt
hatte und nun in das übrige Europa zu tragen drohte, starb Kaiser Leopold II. (1. März
1792) und folgte ihm sein ältester Sohn Kaiser Franz II. (I.), der, seit 20. April
mit Frankreich im Kriege, sich bereits am 8. August 1792 in Prag krönen ließ. Nun
hatte wohl der zur Zeit des Ablebens Kaiser Leopolds versammelte Landtag Böhmens
beschlossen, die Wiedererlangung seiner einstigen Rechte aufs neue zu versuchen. Aber sowie
die Regierung schon deshalb, weil der schwere Krieg alle ihre Sorge in Anspruch nahm,
diesem Beginnen abhold war, so mußten mit ihr auch die Stände selbst besorgen, durch
Erörterungen über Verfassungsfragen und staatsbürgerliche Rechte etwa gar ähnlich wie
in Frankreich den Anstoß zu gefährlichen Bestrebungen der unteren Bevölkernngsclassen zu
geben. Daher wurde die Bitte der Universität um eine Vertretung im Landtage, sowie
diejenige der Prager Städte um eiue Vermehrung der Zahl ihrer Laudtagsverordueteu,
endlich auch eiue Verfügung zu Gunsten der böhmischen Sprache vom Landtag abgelehnt.
Anderseits erfolgte die Verschärfung der Censur, eine Reihe polizeilicher Maßregeln und
schließlich seitens des Kaisers (aus Belgien von der Armee, 1794) die directe Weisung an
die Stände, sich während des andauernden Krieges der Besprechung von Verfassungs-
fragen überhaupt zu enthalten.
Hierzu ergab sich auch keine Gelegenheit in der kurzen Spanne Zeit zwischen dem
Frieden von Campo Formio und dem Kriege der zweiten Coalition gegen Frankreich;
dann aber nahm der mit ungeheurer Anstrengung geführte Kampf alle öffentliche Thätigkeit
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch