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In einen Baum (Ahorn) hat auch eine Mutter ihre Tochter verwünscht. Bevor der Holz-
hauer den Baum fällt, bittet er ihn häufig um Verzeihung, weil sich im Baume eine Seele
birgt, und diese müßte sich lange im Baumstock quälen, wenn er sie nicht durch diese Bitte
um Verzeihung befreite.
In Hainen und Felsenhöhlen wohnen wildeMenschen (ckivi liäe), W aldjnngsern
(lesni pannx) und wilde Weiber (äivoöenk^), die hier und da schöne Jungfrauen, dann
wieder häßliche Weiber mit großen Köpfen und großen, mit der Ferse nach vorn gerichteten
Füßen darstellen sollen. Sie treiben sich gern bei Wäldern auf Wiesen selbst untertags
herum. Den Leuten können sie nützen, aber auch schaden, besonders den Müttern nach ihrer
Niederkunft, indem sie ihnen, falls sie einschlummern, die Neugeborenen stehlen und dafür
ihre eigenen häßlichen Kinder (äivous) unterschieben. Manchmal kommen sie, namentlich
Zur Libusa-Sage; nach dem Wandgemälde im „Heidentempel" bei Znaim.
zur Erntezeit, ungesehen bis zu den Wohngebänden und essen Alles auf, was für die Arbeiter
auf dem Feld bestimmt war. Sie haben auch Männer, aber diese sind nicht so mächtig, jedoch
ebenso häßlich wie ihre Weiber. In den Grotten wohnen die (Grottenweiber,
böse Weiber), welche die Leute einschläfern und ihnen die Augen ausstechen. Gerade um die
Mittagszeit gehen die .poluänice" (poleckmee) aus, die einen Jeden, der sich vor ihnen
nicht verbeugt, über die Füße schlagen und ungehorsame Kinder erwürgen. Ihnen ähnlich
sind die „kosirk^-. Sie treiben sich auf den Feldern herum und jagen die Kinder, die Erbsen-
felder aufsuchen und die Hülsen pflücken. Das böhmische Volk in den am Riesengebirge
liegenden Gegenden kennt auch den XrakonoS oder Rübezahl, der während eines Sturmes
auf den Katharinenbergen (kaöenein^ Hor^ — Hohe Mense) seine Katharina aufsucht.
Mehr als der helle Tag hat die dunkle und helle Nacht ihre geheimnißvollen Wesen.
Aus den Wässern locken mit ihrem Gesang die Sirenen (oclieckule), halb Jungfrau,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch