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Tuch übernähten Pelz, der mit einem Lammfell verbrämt und mit Schnüren versehen ist.
Die Mütze pflegt rund zu sein, ohne Schirm, der Obertheil (Kopf) ist roth und endet in
eine goldene oder seidene Quaste; sie ist mit Otterfell, das hinten breiter wird, eingefaßt.
Außerdem werden auch Mützen mit Schirmen und runde Hüte, namentlich in neuerer Zeit
getragen, indem die eben geschilderte Tracht augenscheinlich der allgemeinen Mode unter-
liegt, die über die einheimische weibliche Tracht, welcher rauschende Pracht und possirliche
Unförmlichkeit eigen ist, schon den Sieg davongetragen hat. Diese einheimische weibliche
Tracht, die namentlich durch die ä ^our-Stickereien der großen Kopftücher, der Schürzen
und Hauben auffiel, hat sich bei der jungen Generation total verändert.
Die Verheirateten und Ledigen kämmen sich das Haar glatt hinter das Ohr und die
zu einem Zopf geflochtenen Haare drehen sie über dem Nacken zusammen und binden sie
in einem Knoten fest. Über der Stirn tragen sie ein schwarzes Sammtband (sametka),
das unter dem Zopf befestigt wird. Den so srisirten Kopf bedeckte einst eine Haube
(„kvwbinka"), jetzt vertritt diese zum großen Theil ein Seidentnch, das unter dem Kinn
gebunden wird. Die Haube, die weiß, rund und steif ist, einst fast über ganz Böhmen
auf dem Lande verbreitet war und namentlich in der Umgebung von Prag sich durch ihre
ä^our-Stickereieu hervorthat, welche von Kennern sehr geschätzt werden, hat, was die Art
der Arbeit und Zeichnungen anlangt, viele Variationen. Die Pilsener Haube, die einst von
Taus bis Rokycan verbreitet war, unterscheidet sich vor allen namentlich durch ihre von
hinten aufragende ungeheuere Masche, die man (Flügel) nennt. Diese Flügel,
manchmal beinahe meterweit in die Breite gespannt, waren unten gestickt. Auf ihueu, wie
auch auf den Zipfeln der Kopftücher und auf den Schürzen aus der Umgebung von
Pilsen hat die Nadel der Dorfstickerin wahrhafte Wunder der freien Kunstarbeit hervor-
gezaubert. Über die Haube trugen die Weiber ein weißes, rein gestärktes, in drei Zipfel
gefaltetes großes Kopftuch, und zwar so, daß der mittlere Zipfel, der reich gestickt war,
ausgebreitet hinten vom Kopf zwischen den Flügeln hing; die vorderen zwei Zipfel wurden
unter dem Kinn einfach in einen Knoten gebunden.
Das weibliche Sonntagshemd hat ähnliche bauschige Ärmel wie in der Umgebung
von Taus. Und wie dort so sind auch in der Umgebung von Pilsen rothe wollene
Strümpfe, gestickte Schuhe aus schwarzem Leder oder Schnürschuhe, die heutzutage vor-
wiegen, beliebt. Die alten Weiber gingen im Pilsener Gebiete, wie auch anderwärts, in
Pantoffeln mit Absätzen. Das Mieder pflegt roth zu sein und ist aus einem mit Blumen
schön gezierten Stoffe verfertigt; es wird vorn von einem seidenen Tuch, das auch Blumen
aufweist und kreuzweis auf der Brust gebunden ist, verdeckt. Was bei der weiblichen
Tracht in der Pilsener Umgebung besonders auffallend ist, das ist die große Anzahl von
Röcken. Je reicher das Mädchen oder Weib, desto mehr Röcke hat es, zwölf bis fünfzehn,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch