Seite - 436 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (1), Band 14
Bild der Seite - 436 -
Text der Seite - 436 -
436
hängen von der Decke Stangen zum Trocknen der Wäsche und Kleider. Eine eigene
Stange wird für den Soldaten reservirt. Rechts von der Thür steht gewöhnlich ein
Schrein (police, suäen) mit dem Geschirr. An der Mauer hängt der Schüsselschrank
mit bemalten Tellern, Gläsern und Krügen; darunter an besonderer Stelle jenes Gefäß,
in welchem mau der Wöchnerin die Henne mit Nudeln bringt. In der Ecke rechts
steht der Tisch, früher gewöhnlich aus hartem Holz, mit gekreuzten Füßen und einem
Fußbrett, über ihm schwebt von der Decke herab ein Täubcheu aus einer Eierschale
und gefärbtem Papier. Hinter dem Tisch erblickt man hier und da einen dreiseitigen
Schrein, der in die Ecke eingelassen ist (koutnice) und in welchem der Besitzer seine
Schriften aufbewahrt. An diesem Haupttisch pflegt er am heiligen Abend mit dem Gesinde
Platz zu nehmen und mit ihm das Mahl einzunehmen, wenn er auch sonst an einem
anderen Tisch speist.
Über dem Tisch an der Mauer in der Ecke und auch sonst gibt es gewöhnlich viele
Bilder, und zwar entweder neuere Lithographien oder ältere, auf Glas roh gemalte der
heiligen Dreieinigkeit, des heiligen Wenzel und andere. Hinter die Bilder steckt das
Volk Osterkätzcheu und unter den Bildern an der Wand oder in den Fenstern, die
gewöhnlich mit Rosmarin, Meerzwiebel oder Basilienkraut und Monatsrosen geziert
sind, hängt es am Frohnleichnamssest geweihte Kränze auf, damit sie das Haus vor
dem Blitz — „dem Boten des Herrn" — beschützen mögen. Hinter dem Tisch in der
Ecke und die Wand entlang stehen Bänke mit Lehnen, außerdem einige Stühle mit
manchmal sehr kunstvoll geschnitzten Lehnen. Von der übrigen Einrichtung sind noch die
Betten hervorzuheben, die oft mit einem Himmel, das heißt mit einem Bretterdach auf
Säulchen versehen waren und den Wöchnerinnen mit gestickten Plachen oder Leintüchern
(prosteraäla) verdeckt wurden, weiter die Schränke und Truhen, die jedoch häufig in den
Haus- und Speicherkammern untergebracht werden.
Diese ganze Einrichtung, besonders aber die Truhen, Schreine, Betten, die Wiege,
wie auch der Schüsselschrank und Fensterladen, hier und da auch die Stühle sind mit
zahlreichen Malereien geziert. Die Dorfschreiner haben hierin eine nicht geringe Fertig-
keit erlangt und bewähren oft einen guten Geschmack und Sinn für Farbenblumen,
besonders Tulpen und Rosen, in Vasen und ohne dieselben, Blumenkränze, Obst, Vögel
und verschiedene Ornamente, die entweder naiv-original sind oder an den Zopf- und
Barockstil erinnern. Nicht selten ist auch die Jahreszahl hineingemalt und da und
dort, namentlich auf kostspieligeren Schreinen zwischen Blumenbeeten das Bild einer
Heiligen, besonders der Jungfrau Maria oder der heiligen Anna. Ältere bemalte Möbel-
stücke, hier und da auch Truhen mit zwar einfachen aber doch kunstvollen Intarsien findet
man noch heutzutage in Dörfern namentlich im nördlichen und östlichen Böhmen, wo sie
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch