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auf den Pferden des ersten Wagens. So setzt sich der Zug in Bewegung. Die Musik
spielt auf, die Weiber singen und jauchzen, die jungen Burschen schießen aus Pistolen (jetzt
schon selten). Unterwegs wird der Zug mitunter von den sogenannten Fürziehern auf-
gehalten, welche einen mit Bändern umwickelten Strick oder ein Band quer über den Weg
ziehen, und der Bräutigam muß sich den freien Durchzug von ihnen erkaufen.
Vor dem Hausthor erwarten die Eltern des Bräutigams die Ankunft. Die Braut
steigt ab, empfängt von ihnen den Segen und wird ins Haus eingeführt, wobei sie zuerst
in den Kamin schauen soll, damit es ihr nach dem Elternhause nicht bange werde. Es
folgt eine Mahlzeit, bei welcher wieder allerlei Spaß getrieben wird. Wir erwähnen nur
das Eine: die Weiber verlangen vom ckruöba: „Baue uns eine Brücke, wir wollen über
die Donau fahren; aber die Brücke soll so dicht sein, daß uns die Braut nicht durchfalle."
Der äruöba, legt vor die Braut auf die eine Ecke des Tisches einen Kreuzer, auf die
entgegengesetzte einen zweiten. Die Weiber rufen, das könne nicht sein, denn „die Braut
hat keinen so weiten Schritt, du mußt die Balken dichter legen". Da legt der ckruöba in
die Mitte des Tisches einen Pfennig oder eine andere leichte Münze. Die Weiber werfen
die Münze hinunter: „Das sind schlechte, faule Balken, die würden durchbrechen." Und so
wird so lange gestritten, bis der Tisch von einer Ecke zur anderen kreuzweise mit Geld besetzt
ist. Daun steigt die Braut auf den Tisch, geht über die Brücke und wird vom Bräutigam,
der sie umarmt und küßt, vom Tische heruntergesetzt. Das Geld bekommen die Musikanten.
Schließlich findet das Hauben der Braut (eepeni nevestz?) statt. Die Weiber
führen die Braut in die Kammer, setzen sie auf einen Stuhl und flechten ihr das Haar auf.
Der ckruöba bringt eine weiße Haube und eine von den Frauen, welche die älteste oder
vornehmste ist, setzt sie der Braut auf. Zweimal wirft die Braut die Haube ab und erst
zum drittenmal behält sie dieselbe auf dem Kopfe. Dabei spielt vor der Thüre die Musik,
die Weiber siugeu darauf bezügliche Lieder. Dann wird die Braut in die Stube zurück-
geführt und dem Bräutigam übergeben.
Tod und Begräbniß. Wenn Einer erkrankt, so werden zuerst verschiedene
Hausmittel angewendet, eine weise Frau wird gerufen, um die Krankheit zu „besprechen"
^alikati) oder zu „besegnen" und wenn das nicht hilft, sucht man Hilfe bei
einem Arzt. Am Krankenbett werden Lichtmeßkerzen angezündet, und wenn der Kranke
bereits im Sterben liegt, öffnet man das Fenster, „damit die Seele hinausfliegen
könne". Dem Todten werden die Augen zugedrückt, die Leiche wird gewaschen, mit dem
Todtenhemd bekleidet und auf ein Bret gelegt. Auch wird ihr ein Haarbüschel abge-
schnitten, bevor sie erkaltet. Stirbt der Hausherr, so muß man dessen Tod den Bienen
melden, damit sie nicht absterben. Hier und da wird der Tod des Hausherrn auch deu
Hausthieren, Kühen und Pferden gemeldet. Bei der Leiche halten die Nachbarn durch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch