Seite - 517 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (1), Band 14
Bild der Seite - 517 -
Text der Seite - 517 -
517
im fruchtreichen Westböhmen steht in Ostböhmen, besonders im Riesengebirge, die durch-
schnittlich weit einfachere und kleinere bäuerliche Wohnstätte des Landwirthes als Einbau
(nach altsächsischer Art) gegenüber. Im Riesengebirge, wo der Landmann mit schwierigeren
Natur-, Boden- und Raumverhältnissen zu rechnen hat und mehr Viehzüchter, Hirte,
Waldbauer und Hausindustrieller sein muß als Fruchtbauer, zeigt auch der Hausbau seine
dem entsprechenden Besonderheiten. An grasreichen Abhängen der Berge, nächst Quellen
und Bächen, wo eine kleine Heerde Nahrung und Trank fand, errichtete das alte Hirten-
geschlecht des Riesengebirges am liebsten seine einfachen Wohnstätten, die in Bauart und
Größe im ganzen Riesengebirge einander gleich sind und den Namen „Bauden", und zwar
Winter- und Sommerbauden führen, welche letztere, etwas leichter und einfacher, nur im
Sommer bewohnt werden und als die Sennhütten des nordostböhmischen Hochgebirges
zu betrachten sind.
Die Unterlage bildet häufig eine Steinaufmauerung, auf welcher sich das Holzhaus
in der Regel im Blockstil als Einbau erhebt, das heißt Wohnstuben, Stall, Milchgrube,
Schupfen u. f. w. unter demselben Dach vereinigt. Der Hausboden, meist von außen
durch eine Holzstiege zugänglich, dient zugleich als Heu- und Futterscheune und als
Schlafraum für Kinder und Gesinde. In neuerer Zeit wird der Stall an der Ober-Elbe
öfter auch rückwärts, jedoch stets als ein mit dem Wohnhaus eng verbundener Quer- oder
Hinterbau ausgeführt. Holz- und Bretterverkleidungen schützen die inneren Räume
gewöhnlich innen und außen vor der Strenge der Gebirgs- und Hochgebirgswetter. Im
Allgemeinen charakterisirt diese Bauden eine augenfällige Einfachheit und Nüchternheit
(dabei jedoch auch Sauberkeit uud Gefälligkeit) in Stil und Ausstattung, wie dies der
ganzen Natur und dem in manchem ernsteren Wesen der Bewohner entspricht. Der ganze
äußere Luxus des Baues besteht hier und da in einer kleinen Gallerie (Halblaube) an der
Vorderseite einer auf dem Abhang stehenden Baude. Die Sommerbauden liegen weithin
zerstreut, die Winterbauden zum Theil wenigstens einigermaßen dorfmäßig zusammen-
gegliedert; sie verrathen in manchen Fällen in ihren gemeinsamen Ortsbenennungen noch
deutlich die Art ihrer Entstehung und den Namen der ersten Ansiedler, wie zum Beispiel
Krausebauden, Rennerbauden und andere mehr. Die innere Ausstattung und Einrichtung
ist ebenfalls durchschnittlich schlicht und kernfest. Ein weißer Ahorntisch in der Fensterecke,
darüber Kreuz und Heiligenbild, einfache Holzbänke und Stühle an den Wänden, Bettstelle,
Topsbret, Geschirrkasten, die üblichen Gerätschaften zum Butter- und Käsebereiten, der
Kachelofen mit eisernen oder kupfernen Siedekesseln, Alles durchschnittlich rein und ordentlich
gehalten, bilden den gewohnten Hausrath. In neuerer Zeit ist durch die rasche Zunahme
und Ausbreitung mannigfacher Hansgewerks- und Judustriethätigkeit,sowie durch den regen
Fremdenverkehr manches Neue und Städtische in die Riesengebirgsbanden gedrungen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch