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geschieht die Messer- und Brotprobe, ob Früh- oder Spätsaat gedeihen, die Getreidekorn-
probe. Im Bezirk Danba deuten zahlreiche Sterne in der Christnacht ein gutes Hopfenjahr
an, doch müssen dabei die Hopfenwischeln während des Christmahls unter dem Tisch liegen.
In Reichenberg und Gebiet war seit langem das sogenannte „Hadertöppeln" und der
„Glückssprung" über den Sessel im Brauch. Unter drei ganz gleichen Töpfen wird ein Brot,
ein Geldstück und ein Haderlappen heimlich versteckt und der Zukunftbegierige erwählt
dann, wie es ihn trifft — Überfluß an Brot — Geld oder — Armuth! Auch an Romantik
fehlt es nicht. Auf Kreuzwegen kann man um Mitternacht alle Jene schauen, die im
nächsten Jahr sterben werden (Todtenzug), besonders wenn der Seher durch das Astloch
eines alten Sargbrettes schaut (Südwestböhmen). Schatzgräber opfern in dieser Nacht
die schwarze Katze oder den Schwarzhahn (in den Gebirgs- und Erzbaugebieten).
Solche romantisch-düstere Bräuche werden jedoch in neuerer Zeit in der Regel
nur mehr erzählt, denn wirklich geübt. Im Wesentlichen ist das Weihnachtsfest ein Fest
der Freude und Liebe, und es zeugt aufs beste für den guten Kern der deutschen Volksart
in Böhmen, daß sie bei ihrem Hanptsest in edler kindlich-natürlicher Dankessrende mit
Liebe und Fürsorge für Alles, auch für die Abgeschiedenen und selbst für die stumme
Natur sich fast nicht genug thun kann. Daß solche überquellende Herzlichkeit und Gemüths-
tiefinnigkeit schließlich besonders die Kinder noch eigens zum Christfest zu erfreuen sucht,
ist selbstverständlich. Der Zember, Rupprich u. s. w. brachte die Vorgaben, in der Weih-
nacht kommt das Christkind (Born-Kinl) selbst mit seinen Gaben! Vor dem Schlafengehen
werden die Wunschtüchlein am Tisch nächst dem Fenster ausgebreitet und unter oder nach
der Mette fährt das Christkind mit seinem goldenen Wagen und vier Schimmelrossen (auch
Wuotau ritt auf weißgrauem Rosse) durch Dorf und Stadt. Dann knisterts im Gebälke,
helle Glöckchen klingen, leises Riegelklirren und Fensterklopfen zieht durch die Träume der
hoffenden Kinder, und früh Morgens ist das reiche holde Glück da! Vom Tannenbäumchen
(dem Sinnbild des uralten germanischeu Malbaums, der bei allen Hauptfesten einst auf-
gerichtet wurde) schimmern im Lichterglanz die Äpfel und Nüsse und Gaben aller Art zur
Lust für Klein und Groß.
Der Sylvesterabend, im Volksmund auch der zweite oder „alte" heilige Abend
genannt, wird in ziemlich ähnlicher, jedoch bei weitem nicht so bedeutsamer Weise gefeiert
wie der Weihnachtsabend, dessen Nachfeier und schwächeres Abbild er ist. Eine Art von
Zukunftsbestimmung für das nächste Jahr liegt in dem allgemeinen Volksbrauche, am
Neujahrstag zuerst etwas Erfreuliches und Gutes zu thun, und in dem Bestreben, beim
ersten Ausgang am Morgen zuerst der „glückbringenden" Jugend zu begegnen. Als besondere
Sitte ist das sogenannte „Schöntrinken" im Egerlande zu erwähnen, wo die Dorfbursche
Nachmittags mit den Mädchen auf das „Schönwerden" oder „Schönbleiben" trinken;
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch