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Die Rochlitzer Mundart verräth sich durch die breite Aussprache des e, durch
die Doppelbildung beim Deminutiv —ch—l (das heißt cheu uud lein — es vergleicht
sich hierzu dieselbe Bildung in den Mundarten von Windisch-Kamnitz und Wernstadt —)
und durch den Wortschatz als eine obersächsische, die somit hier eine Sprachinsel im
Schleichen bildet.
Von Rochlitz südostwürts beginnt das echte Schlesisch. Hier unterscheidet sich zunächst
die Mundart des Hochgebirges von der des tieferen Landes. Der lustige Bursche von
Schatzlar singt da:
„Wellt er'sch wessa, war ich bin?
Ich bin de lnse Finke.
Wenn ich 's Geld versoffa ho',
Gieh 'ch ei's Bernla on trenke. Ich schneid mer a Weidarittla o'
Ond gieh ein: Derfla 'ruff on' no':
Ihr Leute, keeft mer en'n Basn o',
Daß ich Geld zum Saufn ho'."
Im Falkengebirge ist die Mundart Braunaus, als des größten Ortes, vorherrschend.
Hier lautet zum Beispiel die erste Strophe im Hirteuliede eines Weihnachtspiels:
„O Freda iwar Frcda!
Ihr Nockwarn, kommt on hiert,
Wos do of önsr Hede
F'r Wonderdengs passiert. Es qnom ofs Fald a Engl
Bei hnher Mettrnacht,
Dar song ons a Gesängla,
Doß eem das Harzla lacht."
Aus dem Braunauer Läudcheu, das Andere nach der Muudart bereits zum uächsteu
zieheu, führt wegen des vorspringenden Cechengebietes die Sprachgrenze jenseits des
Landes, durch das preußische Schlesien, zum Adlergebirge hinüber, dessen Mundarten sich
durch eiu öfter vorkommendes postjotirtes a (a^) näher an die der Jeschken-Jsergrnppe
stellen. Sonst ist aber die Sprache bis Grillich hinab rein schlesisch:
„Snmm'rkerwla, fliegh aus,
Dei" Hoisla briht" (brennt) „aus!
De Keudlan missa fästa,
's Brnd leit ei'm Kästa;
's Blut loift aus d'r Renne
Die Keudlan lieghe dreuue —
Flieghe weit ei's Land!"
In der Mundart des Adlergebirges, seiner Heimat, dichtete Hieronymus Brinke,
aus Tanndorf bei Rokitnitz (1800 bis 1880). In bäuerlicher Haushaltuug aufgewachsen,
vervollständigte Brinke seine Volksschulkenntnisse durch das Lesen deutscher Klassiker. Seiu
offenes Wesen und entschiedenes Auftreten verschafften ihm das Vertrauen seiner Lands-
leute, unter denen er durch 14 Jahre das Amt eines Gemeindevorstehers bekleidete,
während seine eigentliche Beschäftigung, neben einer kleinen Wirthschaft, die Weberei war.
Von seiuen Gedichten, meist Gelegenheitssachen, seien angeführt: „Alte und neue Zeit",
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch