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das neue Brüdercanzionale geschaffene Bedürfniß beruft, die Kenntniß der Notenschrift
und überhaupt der Tonlehre im Volke zu verbreiten.
Das Beispiel der Brüdergemeinde wirkte sogleich auf die übrige» Confefsionen
Böhmens; reichhaltige Gesangbücher mit notirten Melodien wurden nun von allen
Seiten gefordert uud auch geboten, so daß gegen Ende des XVI. Jahrhunderts die
Utraqnisten uud die Lutheraner schon im Besitze von umfangreichen Canzionalen waren,
die den großen Vorsprnng der Unität so ziemlich wettmachen konnten. Interessant ist der
Umstand, daß für den von allen nichtkatholischeu Coufessioileu mit besonderer Vorliebe
gepflegten Psalmengesang sich mit der Zeit die ursprünglich von den Brüdern (znrTextüber-
fetznng vou Georg Streyc) recipirten Singweisen der französischen Calvinisten eingebürgert
haben, zum Theil sogar in der vierstimmigen Bearbeitung von Claude Goudimel.
Dem Allen konnten sich natürlich anch die Katholiken nicht verschließen. Die schroff
abweisende Stellung, welche gegenüber der Zulassung der Volkssprache im gottes-
dienstlichen Gesänge das Baseler Concil 1435 eingenommen
hatte, erwies sich in Böhmen als unhaltbar, ja es erschien
sogar gerathen, das Genieindelied in der Volkssprache als
bestes „Gegengift gegen die Ketzerei" durch Herausgabe eines
großen Cauziouals zu hebeu. Dieser Gedanke wurde namentlich
Aus dem Kyrie des lateinischen Canzionales von Jungbunzlau (um 1500).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch