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Der erste Schritt sollte zur Besserung uud Sicherung der socialen und materiellen
Stellung der Berufsmusiker führen. Ihre hervorragendsten Vertreter gründeten unter dem
Protectorate des Grafeu Johann Wenzel Sporck nach dem Muster der Wiener Societät
die noch heute bestehende und wohlthätig wirkende „Tonkünstlergesellschaft", deren
eigentlicher Zweck, die Altersunterstützung der Mitglieder sowie die Witwen- und Waisen-
versorgung, vorzüglich durch Oratorienausführungen und Concerte gefördert werden sollte.
Der Verein begann seine Thätigkeit in würdigster Weise: zu Ostern 1803 wurde Haydns
„Schöpfung" gegeben, der sodann zu Weihnachten die „Jahreszeiten" und im nächsten
Jahre Häudels „Messias" folgten. Wie in Wien, haben sich auch iu Prag die beiden
Oratorien Haydns als die ergiebigste Einnahmequelle erwiesen, und es war nnr ein Act
schuldiger Dankbarkeit, daß das fünfzigjährige Jnbiläum der Societät 1853 uach einer
bunten Folge von Werken großer Meister und ephemerer Modecomponisten mit eiuer
Aufführung der „Schöpfung" gefeiert wurde. In den „Akademien" der Gesellschaft — so
wurden ursprünglich die (später aufgegebenen) Concerte derselben genannt — waren zwar
häufig genug einheimische Componisten dnrch kirchliche nnd weltliche Werke vertreten,
allein zu einer ausgiebigen Thätigkeit auf dem Gebiete des Oratoriums fühlten sich
dieselben nicht angeregt.
Gleich die ersten Oratorienansführnngen der „Tonkünstlersocietät" mußten einen
Hanptübelstand grell beleuchten: Prag verfügte über kein Orchester, das auf der Höhe
der Zeit stand. Dies wurde deuu auch unverhehlt mit den oben angeführten Worten in
einem Aufrufe ausgesprochen, mit welchem sich die Grafen Fr. Wrtby, Fr. Sternberg,
Johann und Friedrich Nostitz, Chr. Clam-Gallas, I. Pachta, Fr. Klebelsberg und
K. Firmian am 25. April 1808 au die Musikfreunde Böhmens wandten, um einen
„Verein zur Beförderung der Tonkunst" zu gründen, dessen Zweck in erster Linie die
Schaffung eines guten Orchesters, in zweiter aber die Sorge für einen gesicherten Nach-
wuchs von Orchesterspielern, die den zeitgemäßen Forderungen vollkommen entsprächen,
sein sollte. Der Verein constitnirte sich unter dem Vorsitz des Grafen Johann Nostitz und
verfügte bald über solche Mittel, daß bereits mit 1. Mai 1811 der Unterricht in der
ueueu „Musikschule", die erst im folgenden Jahre den klangvolleren Titel eines Konser-
vatoriums annahm, beginnen konnte. Alle Orchesterinstrumente waren durch tüchtige
Lehrkräfte vertreten — die Gesangsabtheilung kam erst 1815 hinzu — und an der Spitze
der Anstalt stand Friedrich Dionys Weber als Director. Dieser (1766 in Weichau bei
Karlsbad geborene) treffliche Pädagog war schon in früher Jugend mit den meisten Instru-
menten vertraut, widmete sich aber der Musik erst, nachdem er in Troppan das Gymnasium
stndirt und in Prag philosophische, theologische und juridische Studien betrieben hatte.
Als Componist vermochte er zwar nicht sich zu größerer Bedeutung emporzuschwingen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch