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„Flamin" mit dem Kreise der „Davidsbüudler" in Verkehr stand, ergriff nämlich mit
Feuereifer die Gelegenheit, als beredter Anwalt des kühnen Neuerers aufzutreten. Ambras
war übrigens auch ein wohlgeschnlter, ernste Ziele verfolgender Componist; zu voller
Geltung kam aber sein künstlerischer Feinsinn in Verbindung mit einein reichen, vielseitigen
Wissen und einem phänomenalen Gedächtniß auf literarischem Gebiete. Er führte sich als
Musikgelehrter 1856 dnrch die geistvolle ästhetische Studie „die Grenzen der Musik und
Poesie" ein und schwang sich durch die drei Bände seiner leider unvollendeten „Geschichte
der Musik" (1861 bis 1878) zu einem Musikhistoriker ersten Ranges empor, der sich
namentlich um die Würdigung der Niederländer und Palästrina's ein unvergängliches
Verdienst erworben hat. Der Staatsdienst, den Ambros nicht verließ, gewährte ihm
glücklicher Weise so viel Muße, daß er auch noch als Professor der Musikgeschichte au
der Prager Universität und an den Konservatorien von Prag und Wien wirken konnte.
In Wien, wohin er 1872 zur Dienstleistung im Justizministerium und zugleich als Lehrer
weilaud des Kronprinzen Rndolf berufen wurde, starb er am 28. Juli 1876.
Ein Brennpunkt ernster künstlerischer Bestrebungen in fortschrittlichem Sinne war
der 1840 von Anton Apt (1815 bis 1887) begründete und dnrch ein volles Vierteljahr-
hundert mit uuermüdetein Eifer geleitete „Cäcilienverein", der zunächst für Chorgesang
und Kammermnsik bestimmt war, bald aber über ein eigenes Orchester verfügte, so daß er
— uebst dem classischen Repertoire und Compositionen einheimischer Autoren — mit der
Zeit nicht nur die großen Chorwerke Mendelssohns und Schumanns pflegen, sondern
auch zu Beginn der Fünfziger-Jahre durch erfolgreiche Vorführung von Bruchstücken
aus Richard Wagners Opern dem großen Reformator den Weg auf die Prager Bühne
bahnen konnte. Dem Chorgesang leistete noch ein anderer, fast gleichzeitig von Johann
Alois Jelen (1801 bis 1857) ins Leben gerufener Verein, die (heute nur noch als
Musikschule bestehende) „Sophienakademie" die besten Dienste. Dem Gründer derselben,
einem trefflichen Dirigenten, gebührt auch das Verdienst, den Pragern zum erstenmal
(1842) Beethovens „Neunte" vorgeführt zu haben. So wie Apt nud Jelen war auch der
Komponist Wenzel Heinrich Veit nicht Berufsmusiker, sondern Beamter: er starb
1864 als Kreisgerichtspräsident in Leitmeritz, in dessen Nähe er 1806 geboren war. Veit
gehört in diese Gruppe, da auch er durch die Romantiker beeinflußt wurde und nebst
Jnstrumentalwerkeu (namentlich guter Kammermusik) zahlreiche wirkungsvolle Chöre und
Lieder geschaffen hat.
In der „Sophieuakademie" und znin Theile im „Cäcilienverein" war es auch, wo
der böhmische Gesang zuerst eine ernste concertmäßige Pflege fand. Der erste, der
(1800) mit einem gedruckten Hefte böhmischer Lieder anstrat, ist der uns bereits bekannte
Rozmitäler Schullehrer Ryba gewesen. Es war dies ein sehr bescheidener Anfang — aber
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch