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Lehrer angewiesen. Doch schon nach einigen allerdings entbehrungsvollen Monaten erhielt
er eine Stelle als Musiklehrer im Hause des Grafen Leopold Thun. Nun konnte er nicht
blos als Pianist sich sorglos weiter ausbilden, sondern auch — als Privatschüler Prokschs
— eingehende theoretische Studien machen, deren Früchte sich alsbald in Gestalt einer
Claviersonate zeigten.
Die Prager musikalischen Ereignisse und Bestrebungen der Vierziger-Jahre, wie
wir sie oben kennen gelernt haben, machten zunächst den empfänglichen jungen Künstler
zu einem uueutwegten Fortschrittsmann für alle Zukunft, sein höchster Wunsch aber, den
von ihm über Alles verehrten Liszt seinen Lehrer nennen zu dürfen, konnte allerdings erst
in Erfüllung gehen, da er nach vier Jahren das Haus des Grafen Thuu verlassen hatte,
um eine eigene Klavierschule zu eröffnen. Er brachte einige Zeit in Weimar zu und erhielt
von dem Meister die künstlerische Weihe ebenso als Pianist — eine außerordentliche Zart-
heit und Weichheit des technisch vollendeten und stets klaren Vortrags machte Smetaua
namentlich zu einem ausgezeichneten Chopinspieler — wie als schaffender Künstler. Das
Letztere zeigte sich vorläufig in seinen Claviercompositionen, die überdies auch noch einen
anderweitigen Einfluß der Vierziger-Jahre verrathen: der Blick Smetaua's war auf die
Volksmusik gelenkt, und wie sich unter seinen Erstlingswerken Phantasien uud Variationen
über böhmische Volksweisen finden, so ist es in der Folge eine Reihe von brillanten und
feinfühligen, delieaten Polkas, die den böhmischen Tanz in ähnlicher Weise künstlerisch zu
verwerthen begannen, wie es Chopin mit dem polnischen gethan hat. Schon dies war,
wenn auch noch auf eng begrenztem Gebiete ein vielsagender Fortschritt in der Entwicklung
der böhmischen Musik. Doch war Smetaua bereits 1849 mit einer „Jnbelouverture",
1855 mit einer — ursprünglich zur Feier der Vermählung des Kaiserpaares geschriebenen
und zum guten Theil auf der Haydu'scheu Volkshymne beruhenden — „Trinmph-
symphouie" und im selben Jahre noch mit einem Claviertrio vor die Öffentlichkeit getreten.
Auch der Verdienste Smetana's um die Pflege der Kammermusik in Prag sei hier gedacht;
der mnsikliebende Kaiser Ferdinand selbst, dessen Vorspieler damals Smetaua war, beehrte
eine private Musikaufführung desselben mit seiner Gegenwart.
Durch drei interessante, lebensvolle symphonische Dichtungein „Richard III.",
„Walleusteins Lager" und „Hakon Jarl", welche während der fünf in Gothenburg
zugebrachten Jahre (1856 bis 1861) entstanden waren, hat sich der Autor ganz entschieden
als Angehöriger des Weimarer Kreises bekannt, doch ohne noch die in seinen Clavier-
compositionen bereits zu Tage tretende nationale Färbung auf das orchestrale Gebiet zu
übertragen. Die Vocalmusik war ihm bis dahin so gut wie ganz ferne gelegen; sein erstes
bedeutenderes Gesangstück ist ein unter dem Eindruck von Krizkovsky's Männerquartetten
1862 für den Prager »Ulakol« geschriebener Chor ,1'li ^ezickei« (Die drei Reiter),
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch