Seite - 58 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 58 -
Text der Seite - 58 -
58
tragische Oper „kevesta klessins^ä" (die Braut von Messina, nach Schillers Trauer-
spiel), ein meisterhaftes Musikdrama, das in seiner alle Nachgiebigkeit gegen den
herkömmlichen Operngeschmack ausschließenden Stilconseqnenz den idealen Zielen
Wagners ungleich näher steht als irgend eine andere böhmische Oper, in seinem gediegenen
durchwegs vornehmen musikalischen Inhalt aber die persönliche Eigenart ihres Schöpfers
zum treuesten Ausdruck bringt. Da überdies die Deklamation des böhmischen Wortes, der
bis dahin nur Smetana in seinen Opern allmälig volle Geltung zu verschaffen wußte,
in der ^evesta, Usssinskü" eine unübertroffen tadellose ist, erscheint Fibich in diesem
Werke als Erbe und Fortsetzer der fortschrittlichen Tendenzen des eben genannten
Meisters speciell auf dramatischem Gebiete. Auch seine alle Kunstformen ebenmäßig
beherrschende Vielseitigkeit erinnert an Smetana; so entstanden seit 1875 — um nur die
bedeutenderen Jnstrnmentalwerke hervorzuheben — nebst weiteren Kammercompositionen
und Ouvertureu (zu Shakespeares „Sturm", zu Vrchlickys Lustspiel „Eine Nacht auf
Karlstein", zur Comeuius-Feier) eine prächtige, heiter bewegte Symphonie (k'-vur), eine
von tief poetischer Frühlingsstimmung getragene symphonische Dichtung »Vesna" (Lenz),
nicht zu vergessen zwei reizende Kabinetsstücke, die ursprünglich für das Clavier
geschriebenen, dann aber orchestrirten „Vigilien".
Eine besondere Vorliebe für das Melodram — den genannten Werken dieser
Gattung fügte Fibich später noch einige andere, ebenfalls für den Eoncertvortrag bestimmte
hinzu — führte ihn zu dem kühnen Gedanken, ein ganzes Bühnendrama melodramatisch
zu begleiten. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hatten sich Georg Benda und seine
Nachahmer in ihren „Monodramen" und „Duodramen" auf einzelne Scenen und wenige
handelnde Personen beschränkt und, mit nur seltenen Ausnahmen, die Deklamation nicht
durch zusammenhängende Musik begleitet, sondern durch Zwischenspiele (nach Art des
alten Recitativs) vielmehr zerklüftet. Diese selbstständigen scenischen Melodramen
geriethen indeß mit der Zeit in Vergessenheit, und seitdem finden sich nur hier und da in
Opern und Schauspielen, doch selbst von den größten Meistern einzelne Scenen melo-
dramatisch behandelt und dabei endlich mitunter (wie in Schumanns .Manfred") Wort
und Melodie gleichzeitig fortlaufend angewendet. Dies Alles bot höchstens spärliche
Anhaltspunkte, aber keine Vorbilder für das, was Fibich im Sinne hatte, als er 1888 —
also nach mehr als hundert Jahren wieder ein Böhme als Bahnbrecher auf diesem
Gebiete — an die Eomposition nicht Eines Drama, sondern gleich einer ganzen Trilogie,
„Hippodamia" von Jaroslav Vrchlicky, herantrat. Die drei Tragödien
riÄmluvx" (Pelops' Brautwerbung), »l'anlalüv smir" (Die Sühne des Tantalus) und
,3mrt IZippockamie- (Hippodamias Tod) wurden 1890 bis 1891 im Prager Natioual-
theater mit einem Erfolge aufgeführt, der die vielumstritteue Frage nach der künstlerischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch