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verbreitete Chelcicky theils mündlich, theils schriftlich; gewissermaßen systematisch geordnet
enthalten sie seine zwei größeren Werke, die Xniku v^klacluov (die Postille) und
Sit virx (Das Netz des Glaubens). Die theoretischen Grundsätze Chelcicky's versuchte in
der Folge die Brüdergemeinde ins praktische Leben einzuführen.
Auf anderen Gebieten gibt es sehr wenig eigentliche Literatnrprodncte. Die
Phi losophie findet beinahe nur im Dienst der Religion Beachtung und fristet in bunten
Compilatioueu ein kümmerliches Dasein. Ziemlich umfassend beschäftigte sich mit ihr
der abenteuerliche Polyhistor M. Pau l Zidek (gestorben nach 1471), ein Prager von
jüdischer Abkunft, in der Jngend Utraqnist, später Katholik, der außer einer Schrift über
die Pflichten des Herrschers, »lil-i sp ravvvna- (Georgs Regierungsunterricht) genannt,
ein großes encyklopädisches Werk in lateinischer Sprache (.Inder vi^'mti ai-lium")
zusammengestellt hat. Es befindet sich in der Jagellonischen Bibliothek zu Krakau und
wurde seines riesigen Umfanges wegen mitunter dem polnischen Zauberer Twardowski
zugeschrieben.
Die Geschichte wurde sehr vernachlässigt. Es treten nur kunstlose annalistische
Versuche verschiedener Verfasser auf, welche nach eigenem Gutdünken und persönlicher
Neigung über die gleichzeitigen Ereignisse Aufzeichnungen machten. Besser war die
lateinische Geschichtschreibung bestellt, obschon auch sie von groben Mängeln nicht frei blieb.
Laurent ius von Brezova, Magister der Prager Hochschule, verfaßte eine ausführliche,
pragmatische Schilderung der Ereignisse vom Jahre 1414 bis 1422. Von Belang sind
auch die Nachrichten Pe ters von Mladenovic über die Verurtheiluug Hus' durch
das Eonstanzer Concil und einige andere Chroniken (zum Beispiel Bartoseks von
Drahynitz, Nikolaus von Pilgram), aber von künstlerischer Durchführung kann da nicht
die Rede sein.
Die Kenntniß fremder Länder und Völker wurde durch weite Kriegszüge uud
Reiseu gefördert. Daher erfreuten sich die Schriften über ferne Gegenden großer Beliebt-
heit, namentlich wenn sie nach dem Vorgange des berühmten Millione von Marco Polo
wunderbare Einzelnheiten vorführten. Diesem Geschmack entsprach ganz besonders die von
Laurenz von Brezovä besorgte Übersetzung der bekannten „Wanderschaft des weitfahrenden
Ritters" S i r John Mandevi l le durch das gelobte Laud, Indien und Persien. Aus
der Zeit Georgs von Podebrad rührt das interessante Tagebuch J a ro s l avs , eines
Gefährten des Herrn Albrecht Kostka von Postnpitz, geschrieben während der Reise, die
im Jahre 1464 eine diplomatische Hofgesandtschaft von Prag nach Frankreich unternahm,
und ebenso die ausführliche Beschreibung der Ritter-, Hof- und Pilgerreise, welche in den
Jahren 1465 bis 1467 Leo von Rozmital mit einem zahlreichen Gefolge ausführte.
Die Erlebnisse dieses Zuges, der über Frankreich nach Spanien und Portugal und von
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch