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Zusätzen und Erläuterungen zu veranstalten. Zu Rudolfs Zeiten schrieb eine Grammatik
im wissenschaftlichen Sinne der Prager Professor Laurentius Benedicti von Nudozer
(gestorben 1615). Praktischen Bedürfnissen dienten zahlreiche vielsprachige Wörterbücher;
das gründlichste darunter ist die Silva quackrilinFuis (1598) von Daniel Adam von
Veleslavin mit böhmischen, lateinischen, griechischen und deutschen Vocabeln. Sonst wurde
es den Herausgebern überlassen, für Sprachrichtigkeit und stilistische Reinheit zu sorgen.
Unvergängliche Verdienste erwarb sich in dieser Beziehung Daniel Adam von Vele-
slavin. Auch die Gediegenheit der von den Brüdern herrührenden Schriften findet ihre
Erklärung darin, daß eigens bestellte Correetoren darauf zu sehen hatten, daß Alles, was
immer von der Unität ausging, ein tadelloses Gepräge habe.
Die dritte Periode beginnt mit der verhängnißvollen Schlacht am Weißen
Berge, welche einen völligen Umschwung der bisherigen Verhältnisse herbeisührte. Die
Bevölkerung war durch die Emigration kläglich gelichtet und infolge der endlosen Kriegs-
calamitäten materiell und geistig ganz herabgekommen. Von jener gelehrten Bürgerschaft
früherer Zeit erhielten sich nur kraft- und marklose Reste, der niedere Adel, sonst der
verläßlichste Verfechter der nationalen Interessen, war in den Stürmen fast völlig auf-
gerieben. Geistliche, die der böhmischen Sprache mächtig waren, gab es nur wenige und
der literarische Nachwuchs war nahezu verschwiudend. Die Universität und die städtischen
Schulen gingen in die Hände der Jesuiten über, wiesen aber nur einen unbedeutenden
Erfolg auf, weil der Kampf gegen die Ketzer ihre Hauptthätigkeit bildete; die nationalen
Bestrebungen stimmten mit den kosmopolitischen Intentionen der Jesuiten nicht übereiu.
In böhmischen Büchern durfte man nicht Belehrung suchen, weil der religiöse Fanatismus
die ärgsten Stützen der Ketzerei in ihnen erblickte und ihre Ausrottung mit aller Macht
anstrebte; es wurden zahllose Schriften in den Flammen vernichtet. Eine Wendung konnte
unter solchen Umständen nur äußerst langsam und nach großen Verlusten in rationeller
Hinsicht herbeigeführt werden.
Die Schriftsprache gibt von alledem ein lebendiges Bild. Anfänglich, so lange
mit der Vergangenheit ein gewisser Zusammenhang aufrechterhalten blieb, schlägt sie noch
in anmuthiger Frische unser Ohr, doch bald bemerken wir einen offenbaren Verfall:
wohl fehlt es nicht an Versuchen dem abzuhelfen, aber statt wirklicher Kräftigung und
zweckmäßiger Erneuerung werden vielfach Fehlgriffe begangen, so daß von der einstigen
Formvollendung nur ein matter Schatten zurückbleibt.
Die literarischen Denkmäler dieser Zeit zerfallen in auswärtige und einheimische.
Zu den ersteren, welche die früheren Bestrebungen als ein direetes Erbstück fortsetzen nnd
vertreten, gehören die Schriften der Exulanten und überhaupt Akatholikeu, die Betheiligung
der Slovakei, wo sich seit der Husitenzeit die böhmische Schriftsprache verbreitet hatte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch