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allmälig fangen jedoch auch andere Kräfte an sich hier zu betheiligen, vorzugsweise aus
dem Stande der Wellpriester.
Die Dichtung wird fast nur auf geistlichem Gebiete, namentlich in den aus älteren
und neueren Liedern zusammengestellten Gesangbüchern berücksichtigt. Das größte Ver-
dienst erwarb sich iu dieser Beziehung der patriotische Jesuit Matthias Wenzel Steyr
(gestorben 1692), in dessen mit Noten versehenem Cancionale (1683) ein ganzer Schatz
alter beliebter böhmischer Lieder für die Nachwelt erhalten ist. Sonst ist verhältnißmäßig
am gelungensten der idyllisch gefärbte ,^ckoi-vslavieek^ (1665) von Felix Kadlinsky,
eine Bearbeitung der deutschen „Trutznachtigall" des Friedrich Spee von Langenfeld.
Die wissenschaftliche Literatur wird bis Mitte des XVIII. Jahrhunderts größten-
theils lateinisch gepflegt, daneben faßt die deutsche Sprache Wurzel und verbreitet sich,
durch die Zeitverhältnisse begünstigt, immer mehr uud mehr. Der vernachlässigten
böhmischen Sprache bediente man sich endlich nur in Nothfällen, hauptsächlich zur
Belehrung des gemeinen Volkes.
Das theologische Gebiet, wo der religiöse Umschwung zu energischer Thätigkeit
antrieb, weist eine Unzahl der verschiedensten Werke auf. Im Vordergrund steht die drei-
theilige St. Wenzels-Bibel (1677 bis 1715) in der gelungenen Übersetzung der Jesuiten
Georg Konstant, Mathias Wenzel Steyr und Johann Barner. Zu den wichtigeren
Schriften gehören weiter Postillen, Heiligenleben, Sammlungen von Predigten und
ähnlichem; mitunter finden wir darunter Verdienstliches und edel Gemeintes, aber auch
viel Leeres, schreiend Tendenziöses und sprachlich Fehlerhaftes.
Historische Schriftsteller, namentlich solche, welche sich mit der vaterländischen
Geschichte befassen, treten in stattlicher Anzahl auf. Sie beschränken sich meistentheils
darauf, das Material zu sammeln, und sind eher tendenziös als kritisch vorsichtig und
unparteiisch. An der Spitze steht der Oberstkanzler des Königreiches Böhmen Wilhelm
Slavata vou Chlum und KoKnmberg (1572 bis 1652), Verfasser des Historie^«
spisovÄni (Historiographie); es enthält in 14 Foliobänden theils des Verfassers
Memoiren aus den Jahren 1604 bis 1619, theils chronologisch geordnete Aufzeichnungen
aus der Regierungszeit Ferdinands I., Maximilians II. und Rudolfs II. (bis 1592)
in katholischem Sinn. Für die Geschichte des dreißigjährigen Krieges bieten interessante
Nachrichten die gleichzeitigen Berichte des Wenzel Kosmanecins (gestorben 1679) und
Norbert Zatocil (gestorben 1685), doch verschwinden ihre Leistungen im Vergleich mit
dem historischen Material, welches der größte böhmische Jesuit Bohuslaus Balblu
(1621 bis 1688) in zahlreichen lateinischen Schriften aufgespeichert hat. Hierher gehören
seine großartigen ^ l i sce l lunea kistorica rexni Lvkemiue- , eine Sammlung
detaillirter Aufschlüsse über Alles, was das Land Böhmen jemals Merkwürdiges besessen;
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch