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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Seite - 140 -
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140 des geistigen Lebens nicht vollständig zum Stillschweigen gebracht war. Und andere Erscheinungen sprechen noch lebhafter dafür, daß selbst in der Zeit, in der die traurige Erbschaft des großen Krieges auf Böhmen lastete, in der die Wissenschaft dem Leben und der Volkssprache fremd gegenüberstand und in der eine künstliche Absperrung den befruchtenden Wechselverkehr der Geister hemmte, die Sehnsucht nach Erhöhung des Daseins durch Kunst und Poesie im Volksgemüthe nicht erstorben und die geschichtliche Überlieferung des Landes, an der sich die neuerwachende Dichtnng zuerst emporranken sollte, dem Gedächtniß nicht entschwunden war. Das Volkslied verstummte in den von altersher deutschen Gegenden Böhmens anch in den traurigsten Zeiten nicht. In der Hauptstadt des Landes bildete sich trotz alledem und alledem etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Verlagswesen heraus, das mit den ersten ernsteren Versuchen der deutschen Bühne innig zusammenhing, und iu Prag wirkte schon um jene Zeit eine Romanschriftstellerin, Marie S a g a r mit Namen, die aus erster oder zweiter Hand die Anregung zu rührenden Erzählungen empfing und die empfindsamen Seelen mit Tage- büchern versorgte. Als unter Joseph der Aufschwung der Geister und die Pflege der Literatur vou obeuher begünstigt, ja gefordert wurden, fand diese Bewegung in Böhmen ein, wenn nicht vorbereitetes, so doch empfängliches Geschlecht. Verspätet vollzog sich auf diesem Boden eine ähnliche Entwicklung der Literatur, wie sie für das große Gebiet deutscher Zunge fast ein halbes Jahrhundert früher vorangegangen war. Das Selbständigkeitsgefühl, das „Sich fühlen", in dem die ersten Naturlaute einer volkstümlichen und individuellen Poesie wurzeln, mußte erst geweckt, der Muth, sich auszusprechen, erst entflammt werden. Die Theorie ging der Praxis, die planmäßige Anleitung dem Schaffen, philosophische Kunstbetrachtung den Regungen des poetischen Geistes voran. Zwanglos ergeben sich dem überschauenden Blick zwei Perioden, in denen die deutsche Poesie in Böhmen zu neuem blühenden Leben gelangt, die des Pflanzerbemühens und die des üppigen Wuchses. In der ersteren, die bis in den Beginn unseres Jahrhunderts hinein währte, gewahrt man die regelrechte Gärtnerarbeit, die Aussaat, die Übersetzung einiger Zierpflanzen, die Aufwühlung des Bodens, die Abgrenzung der Beete, die plan- mäßige Anlage der Wege und die sorgliche Umzäunung des ganzen Gebietes; in dieser Zeit wagen sich die edleren poetischen Keime nur schüchtern aus dem Boden hervor, während mannigfaches Unkraut für die neuerwachte Triebkraft des Bodens doch schon Zeugniß ablegt. Dann aber steigt aus der Tiefe eine Lebenskraft empor, welche die Pflanzer in Staunen setzt und Gestaltungen, die ihren lehrhaften Vorstellungen ferne lagen, in raschem, dichtem Wachsthum erstehen läßt. In diesen beiden Perioden sehen wir die Einflüsse, die kraft der geographischen Lage des Landes auf Böhmens deutsche Literatur
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Böhmen (2), Band 15
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Böhmen (2)
Band
15
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1896
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.07 x 22.35 cm
Seiten
708
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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