Seite - 148 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Bild der Seite - 148 -
Text der Seite - 148 -
148
trat er in die vorderste Reihe der wissenschaftlich strebenden Männer und übertrug die
seltene Kraft, zu einigen und zu gliedern, auf den vaterländischen Boden. Es war die
Zeit, in der Goethes weltumspannender Geist sich liebevoll mit Menschen und Natur iu
Böhmen befaßte, und in der auserlesene Männer des Landes wie Rath Grüner in Eger
und Professor Zauper in Pilsen das Glück genossen, mit dem herrlichen Mann persönlich
oder brieflich zu verkehren. Näher als alle Anderen trat Sternberg an Goethe heran;
das Streben zum Ganzen, die liebevolle Sorge um alles Keimende und Werdende, die
hochgestimmte und dabei doch arbeitsame Neigung zu allem Natürlichen, die Beschäftigung
mit den höchsten wissenschaftlichen Problemen verband die beiden starken und doch nicht
lärmenden Geister, den Autor der „Farbenlehre" und den Verfasser der „Pflanzenkunde
von Böhmen".
„In Böhmen" — schrieb Goethe im Jahre 1813 an Meyer — „ist das Wunder-
same, daß unter Personen, die sich mit einerlei Wissenschaft abgeben, kein Zusammenhang
stattfindet, ja nicht einmal eine Bekanntschaft. Dieses Land als wahrhaft mittelländisch
von Bergen umgeben, in sich abgeschlossen, führt durchaus den Charakter der Unmit-
theilnng in sich selbst und nach außen." Sternberg war einer der Ersten, die diesen Bann
durchbrachen. Er sammelte die Tüchtigen um sich und feuerte sie zu gemeinsamem
Wirken an. Aus seiner Anregung ging im Jahre 1823 die böhmische Museumsgesellschaft
hervor, zu deren Präsidenten er gewählt wurde, und vier Jahre später war in der Monats-
schrift des Museums ein geistiger Mittelpunkt von hoher Bedeutung geschaffen. Der
Geschichtsforscher Palacky war der erste Redacteur dieser Blätter, die eine Reihe von
Jahren hindurch in deutscher und in cechischer Sprache erschienen. Der Ernst des Unter-
nehmens läßt Alles, was sich bisher publizistisch geregt hatte, weit hinter sich zurück. Die
wissenschaftliche Kritik ist erwacht, die literarische erstarkt; ein männlicher, positiver Geist
spricht aus diesen Blättern, die alles Heimische überschauen, aber niemals dem Dilettanten-
lobe und der Pflege des Kleinlichen verfallen. Aus dem Programm vernehmen wir die
Gedanken Sterubergs, den Goethe verwandten Geist der Natnrerforschnng, der stillnm-
faffenden Sammlung, der thätigen Heimatsliebe. Anf der ersten Seite dieser Blätter aber
steht ein Gedicht, das die böhmische Sage verherrlicht, und der Name des Dichters lautet
Karl Egon Ebert. Ein Name nur und zugleich der Beginn einer höher gestimmten deutsch-
böhmischen Dichtung. -
So recht ein stimmender und vermittelnder Geist war in Karl Egon Ebert an der
Schwelle des Jahrhunderts erschienen. Die Professorenpoetik wirkte dnrch Dambeck anf
ihn ein, der einige Gedichte des achtzehnjährigen Lieblingsschülers im „Hyllos" veröffent-
lichte. Mit der kunstfreundlichen Aristokratie des Landes war er durch den Fürsten Karl
Egon Fürstenberg verbunden, dessen treue Guust er geuoß und dem er iu feierlich schöne»
/
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch