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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Band 15
Seite - 160 -
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160 entscheidende Anregung für sein ganzes Leben, Kompert, der in seiner Vaterstadt Müuchen- grätz und in Prag eine harte Jugend verlebte und unter Entbehrungen studirte, war wie Jean Paul der Dichter der Armen und Bedrückten. Vor ihm hatte nur der Berliner Bernstein in das Dunkel des Ghetto's hineingeleuchtet. Unbekannt mit diesem Vorgänger, ein Bahnbrecher auf einem Gebiete, das seither vielfach bebaut worden ist, stellte Kompert in seinen Ghettonovellen das Leben seiner jüdischen Landsleute dar. Die böhmischen Juden, die Kompert in die Literatur eingeführt hat, bildeten seit jeher einen besonderen Schlag. Früher und inniger als ihre Glaubensgenossen in anderen Ländern von starker slavischer Bevölkerung, schloffen sie sich der modernen Bildung an, die ihnen durch die Josephinischen Reformen eröffnet war, und nahmen, wie eine lange Reihe von Namen bezeugt, einen rühmenswerthen Antheil an der deutschen Culturarbeit in Böhmen. Anderseits blieb ihnen in ihrer Abschließnng noch lange ein starker volksthümlicher Zug erhalten, und der Druck, der bis zu den Tagen des Verfassungslebens — wenn auch gemildert — auf ihnen lastete, verstärkte und verschärfte die eigenthümlichen Züge ihrer Gemeinschaft. Liebevoll und mit plastischer Kraft hat Kompert wie kein Zweiter ihre Leiden nnd Freuden, ihr Riugeu mit schroffen Hindernissen und die Harmonie ihres engeren Daseins herausgestaltet. Seine Ghettonovellen sind culturgeschichtlich und poetisch bedeutsam; jede einzelne ist anziehend durch die Treue der Farbe, den Ausdruck der Charakterköpfe und deu gemüthvollen Ton, und folgt man ihrem Zuge bis an die Erzählung „Zwischen Ruinen" heran, so lebt man die stillen Thaten eines Volksthums mit, das sich ans Druck und Dunkel zu Licht und innerer Freiheit emporhebt. Mancher talentvolle Nachfolger ging auf Komperts Wegen, mit besonderem Glück S. Kohn, der in seine Ghettogeschichten starke geschichtliche Züge verwob und dessen fesselnde Erzählung „Gabriel" in viele Sprachen übersetzt ist. In der neueren und neuesten Zeit haben sich die Bedingungen für das deutsche Literaturlebeu in Böhmen mannigfach verändert. In den Fünfziger-Jahren lebt die'vor- märzliche Richtung, die an der geistigen Einheit von ganz Böhmen festzuhalten versucht, »och in vereinzelten Erscheinungen fort, wie in den von Paul Alois Klar begründeten Jahrbüchern „Libussa", welche manchen werthvollen Beitrag brachten und das Verdienst hatten, die Überlieferung des Zusammenhalts zu wahren. Das ganze Literaturleben aber hat in dem Jahrzehnt, welches auf das Sturmjahr 1848 folgt, einen matteren Pulsschlag. Josef Bayer und A. W. Ambros sind als die anregenden Vertreter eines edleren Literatur- uud Kunstgeschmacks in dieser Zeit zu nennen; neben ihnen wirkte in jungen Jahren der feinsinnige Publizist und Kunsthistoriker Eduard Hanslick, der in seiner Vater- stadt Prag zuerst hervortrat. Die Entwicklung einiger dentschböhinischer Schriftsteller von Belang, deren Leben bereits abgeschlossen vor uns liegt, fällt in diese Übergangsperiode.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Böhmen (2), Band 15
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Böhmen (2)
Band
15
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1896
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.07 x 22.35 cm
Seiten
708
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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