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Auch die von Hoffmann errichtete Arena im Pstroß'schen Garten, in welcher ursprünglich
die Vorstellungen in eecho-slavischer Sprache überwogen, erhielt bald wieder ein vorwiegend
deutsches Repertoire. Das deutsche Schauspiel brachte in dieser Zeit das Talent Friedrich
Haase's zur Entfaltung. In der Oper war es die jugendliche Jenny Ney (nachmals
Bürde-Ney), welche in dieser Ära ihre glänzende Laufbahn eröffnete.
Hoffmanns Nachfolger wurde derselbe Manu, der sein Vorgänger gewesen war:
Johann August Stöger; er regierte von 1852 bis 1858 mit alter Thatkraft in Prag und
erhielt die von ihm geleitete Bühne in inniger Berührung mit seiner Zeit. Die Oper
erlebte wieder Ehren- und Glückstage. Der mit blendenden Mitteln ausgerüstete Tenor
Steger (reeke Stazic), welcher in Wien als Apothekerpraktikant seine Stimme dem
Regisseur des Theaters an der Wien offenbart hatte, die Sängerinnen Behrendt-
Brandt, Luise Tipka-Weiulich, Luise Dustmanu-Meyer, der Bassist Dr. Karl
Schmid waren Opernkräfte, deren Namen in der ganzen Bühnenwelt vollen Klang hatten
und hohen Ruhm erwarben. Die Werke Richard Wagners wurden in Prag musterhaft
iuterpretirt. Der Dichter-Compouist bezeichnete selbst die Freuden, welche ihm in Prag
bereitet wurden, als „die einzigen, welche ihm noch Lust zu weiteren Arbeiten erhalten
könnten". Im Schauspiel wurden damals Auguste Rudloff (nachmals Lady Maxse),
Wilhelm Knaack und der nachmalige Meininger Hofschauspieler Weilenbeck entdeckt.
Trotz dieser fruchtbaren Thätigkeit endete mit dem Pachtvertrage die Direetion Stöger
und nnr in stiller Compagnie mit seinem Nachfolger Franz Thome wirkte der greise
Theaterprincipal noch zwei Jahre am Landestheater fort.
Franz Thome war der letzte Director der ungeteilten Prager Bühne; unter ihm
vollzog sich das von national-gesinnten slavischen Männern längst vorbereitete und
geförderte Ereigniß der nationalen Spal tung des Prag er Theaters, der Errichtung
eines zweiten, böhmischen oder eechischen Landestheaters. Das alte, idyllisch-gemüthliche,
friedlich-ntraquistische Prag, das Vorwalten des deutschen Elements war in der böhmischen
Landeshauptstadt wie auf dem Theater zu Ende — scharfe Gegensätze trennten die beiden
Volksstämme, welche Prag seit Jahrhunderten gemeinsam, vielfach untermischt und ver-
schmolzen bewohnten. Anfangs herrschte Thome noch nach altem Herkommen im alten
Landestheater. Schauspiel und Oper blühten. Hebbel, Gutzkow, Laube, Halm, Freytag,
Meißuer, Weileu, Bauernfeld, Benedix und der in Prag vom Polizeibeamten zum Dichter
umgewandelte Julius Rosen belebten die Bühne mit ihren Werken. Heinrich Oberländer
und Edmund Sauer, beide nachmals am Berliner Hoftheater, und Hedwig Raabe (als
Niemann-Raabe eine der genialsten „Naiven" der deutscheu Bühne) eröffneten in diesen
Jahren ihre glänzende Bühnen-Carriere in Prag. Die Thome'sche Oper bewies ebenso,
daß das freundliche Geschick Prag noch immer die Entdeckung nnd Entfaltung der größten
Böhme«. 12
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch